Leitsatz

  1. Vereinbarung einer qualifizierten Protokollierungsklausel als Beschlussgültigkeitsvoraussetzung
  2. Das Protokoll unterzeichnende Wohnungseigentümer müssen bei der Eigentümerversammlung anwesend sein
  3. Nachträgliche Ersetzung verweigerter Unterschriften durch solche anderer Eigentümer ist unzulässig
 

Normenkette

§§ 23, 24 Abs. 6 Satz 2 WEG

 

Kommentar

  1. Die Anfechtung eines Abrechnungsgenehmigungsbeschlusses hinsichtlich der Einzelabrechnungen der Heiz- und Warmwasserkostenabrechnung führte bereits deshalb zur Beschlussungültigkeit, weil die Protokollierung nicht den Anforderungen der vorliegend getroffenen Vereinbarung in der Teilungserklärung entsprach. Dort war in Ergänzung des § 23 WEG bestimmt worden, dass "zur Gültigkeit eines Beschlusses der Versammlung dessen Protokollierung erforderlich und Protokollierung vom Verwalter vorzunehmen sowie vom Versammlungsleiter und von 2 weiteren Eigentümern oder Beiräten zu unterzeichnen sei". Diese Vereinbarung ist als rechtswirksam zu beachten (vgl. BGH, NJW 2012 S. 2512). Auch Wahrung dieser vereinbarten Form ist ebenfalls als Gültigkeitsvoraussetzung für die gefassten Beschlüsse aus Gründen des inhaltlichen Zusammenhangs geboten; bei anderem Verständnis hätte dies ausdrücklich in der Vereinbarung anders geregelt werden müssen (vgl. hierzu auch BGH, NJW 1997 S. 2956 und OLG Celle, OLGR 1999 S. 67).
  2. Protokollunterzeichnende Eigentümer müssen auch bei der betreffenden Eigentümerversammlung anwesend gewesen sein. Sie bestätigen nämlich durch ihre Unterschrift die inhaltliche Richtigkeit der Niederschrift (vgl. OLG Hamm, NZM 2008 S. 808 und OLG München, NJW 2008 S. 156). Nichtbeachtung solcher Gültigkeitsvoraussetzungen führt allerdings nicht zur Nichtigkeit, sondern lediglich zur Anfechtbarkeit entsprechender Eigentümerbeschlüsse (BGH, NJW 2012 S. 2512 und OLG Hamm, NZM 2002 S. 295). Im Fall unberechtigter Verweigerung von Unterschriften müssen sowohl beide Verfahren nebeneinander betrieben als auch ggf. miteinander verbunden werden (BGH, NJW 1997 S. 2956).
  3. Vorliegend wurde das Protokoll zunächst nur vom Versammlungsleiter unterschrieben, nicht von beiden Verwaltungsbeiratsmitgliedern. Ihre Weigerung kann nicht als rechtsmissbräuchlich angesehen werden.
  4. Der Verstoß gegen eine solche qualifizierte Protokollierungsklausel ist allerdings geheilt, wenn die unterbliebenen Unterschriften nachträglich eingeholt werden. Ersetzung bisher verweigerter Unterschriften durch die anderer anwesender Eigentümer ist jedoch unzulässig, weil so die inhaltliche Richtigkeit des Protokolls nicht bestätigt werden kann.
Anmerkung

Trotz der seit Mitte 2007 gesetzlich vorgesehenen Beschlusssammlungsführungs- und unverzüglichen Eintragungspflicht (vgl. § 24 Abs. 7 WEG) besteht nach wie vor auch Protokollierungspflicht von Beschlüssen mit den Unterschriftgeboten gemäß § 24 Abs. 6 WEG. Über zulässige Vereinbarung können Protokollierungs- und bestimmte Unterzeichnungsverpflichtungen auch zu Gültigkeitsvoraussetzungen jeglicher Beschlüsse erhoben werden. Solche Vereinbarungen können dann zu Problemen rechtswirksamer Beschlüsse – wie im vorliegenden Fall – führen, wenn über wahrheitsgemäße Inhalte solcher vom Versammlungsvorsitzenden erstellten Protokollentwürfe gestritten wird.

Auch in dieser Entscheidung wurde zunächst die wohl vorherrschende Meinung bestätigt, dass jeder weitere Protokollunterzeichner aus dem Eigentümerkreis (nach Gesetz oder gesondert getroffener Vereinbarung) persönlich in einer Versammlung mitanwesend gewesen sein muss. In Kleinstgemeinschaften bzw. solchen mit weitgehend erteilten Vollmachten an einen Verwalter/Versammlungsvorsitzenden und nicht erreichter Zahl betreffender anwesender Eigentümer kann im Einzelfall gesetzlichen oder vereinbarten Formerfordernissen allerdings verständlicherweise nicht Rechnung getragen werden.

Bei allen Unterschriftsverweigerungen bleibt zunächst die Protokollierungsverantwortung beim zuständigen Versammlungsvorsitzenden. Widersprüche gegen den Inhalt eines vorgelegten Protokollentwurfs sind allerdings nur hinsichtlich der dort erfassten Antrags- und Beschlussinhalte, ausgezählten Abstimmungsergebnisse und vom Vorsitzenden vorgenommenen Verkündungen im Sinne positiver oder negativer Beschlüsse von rechtlicher Bedeutung. Etwa weitergehend getroffene Ausführungen in einem Protokoll (über die Anforderungen an Beschluss- bzw. Ergebnisprotokolle hinaus) dürften selbst im Fall behaupteter Unrichtigkeit mangels Rechtsschutzbedürfnisses kaum zu einem Beschlussanfechtungserfolg führen.

Ist nun – aus meiner Sicht sicher nicht zu empfehlen – ein Unterschriftenerfordernis sogar ebenfalls ausdrücklich bzw. mindestens auslegungsweise als Beschlussgültigkeitsvoraussetzung erklärt, ist ohne entsprechende Unterschriften noch nicht von abschließender Existenz bzw. Rechtswirksamkeit gefasster Beschlüsse auszugehen. Insoweit ist zu fragen, ob dann ein solcher noch "aufschiebend bedingter" Beschluss überhaupt einer Anfechtung bedarf, solange ein eventuell gerichtliche...

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