Gesetzestext

 

(1) 1Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer wird durch den Verwalter gerichtlich und außergerichtlich vertreten, beim Abschluss eines Grundstückskauf- oder Darlehensvertrags aber nur aufgrund eines Beschlusses der Wohnungseigentümer. 2Hat die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer keinen Verwalter, wird sie durch die Wohnungseigentümer gemeinschaftlich vertreten. 3Eine Beschränkung des Umfangs der Vertretungsmacht ist Dritten gegenüber unwirksam.

(2) Dem Verwalter gegenüber vertritt der Vorsitzende des Verwaltungsbeirats oder ein durch Beschluss dazu ermächtigter Wohnungseigentümer die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer.

A. Sinn und Zweck.

 

Rn 1

§ 9b regelt, welche Person in welchen Fällen eine Vertretungsmacht für die GdW hat.

B. Verw (§ 9b I 1).

I. Grundsätze.

 

Rn 2

Nach § 9b I 1 ist der Verw vGw in Bezug auf jeden Vertrag und jede Erklärung als Organ der GdW (§ 9a Rn 12) grds der gesetzliche Vertreter der GdW. Eine Beschränkung des Umfanges seiner Vertretungsmacht wäre Dritten ggü gem § 9b I 3 unwirksam. Für die Wirksamkeit kommt es nach hM nicht darauf an, ob der Verw handeln darf, ob also ein Beschl vorliegt oder § 27 I, II dem Verw eine Geschäftsführung erlaubt (BGH V ZR 180/21 Rz 13; ZMR 22, 140 Rz 3). Dies soll jedenfalls für das Hausgeldinkasso und die Ausübungsbefugnis der GdW bezogen auf Klagen gem § 1004 I BGB wegen einer Beeinträchtigung des gemE gelten (BGH V ZR 180/21 Rz 14). Fehlt es an der wirksamen Willensbildung, soll dies allerdings Regressansprüche begründen können (BGH ZMR 22, 140 Rz 3). Dem ist im Kern im Außen-, nicht aber im Innenverhältnis, also bei einem Handeln ggü einem WEigtümer zu folgen. Ist für den WEigtümer nämlich ohne Weiteres erkennbar, dass der Verw nicht handeln darf, liegt ein Missbrauch der Vertretungsmacht vor, die diese entfallen lässt (s.a. BGH V ZR 180/21 Rz 14: bedarf noch abschließender Klärung). Überschreitet der Verw offensichtlich das rechtliche Dürfen, sollten aber auch Dritte nicht geschützt sein.

II. Beschl.

1. Überblick.

 

Rn 3

Beim Abschluss eines Grundstückskauf- oder Darlehensvertrags kann der Verw die GdW ausnw nur aufgrund eines Beschl der WEigtümer vertreten. Notwendig ist neben dem Beschl der WEigtümer, dass die GdW einen Grundstückskauf- oder Darlehensvertrag schließen soll, eine ausdrückliche Ermächtigung. Die Vertretungsberechtigung des Verw aufgrund eines Ermächtigungsbeschl muss dem GBA in der Form des § 29 GBO nachgewiesen werden. Dieser Nachweis ist entspr § 26 IV zu erbringen. Der Beschl ist vom GBA solange als gültig zu betrachten, bis er durch ein rechtskräftiges Urteil für ungültig erklärt ist (s.a. München ZWE 17, 93).

2. Grundstückskaufvertrag.

 

Rn 4

§ 9b I 1 meint nur den Grundstückskaufvertrag. Darunter sind alle Verträge zu verstehen, die einem Erwerb oder der Veräußerung von Grundstückseigentum gleichkommen, wie Erwerb oder Veräußerung von Wohn- und Teileigentum oder eines Erbbaurechtes. Die Einschränkung gilt nur für den Vertragsabschluss, nicht aber für Erklärungen iRd Vertragsabwicklung; auch sonstige dingliche Rechtsgeschäfte sind von der Beschränkung nicht betroffen (BTDrs. 19/22634, 43).

3. Darlehensvertrag.

 

Rn 5

Der Begriff Darlehensvertrag ist formal zu verstehen. Ein Darlehen nach § 504 I 1 BGB liegt auch vor, wenn ein Darlehensgeber in einem Vertragsverhältnis über ein laufendes Konto der GdW gestattet, ihr Konto in bestimmter Höhe zu überziehen (Überziehungsmöglichkeit). Die Einschränkung gilt nur für den Abschluss des Vertrags, nicht aber für Erklärungen iRd Vertragsabwicklung.

III. Insichgeschäft.

1. Überblick.

 

Rn 6

Der Verw kann nach § 181 BGB im Namen der GdW mit sich im eigenen Namen oder als Vertreter der GdW ein Rechtsgeschäft grds nicht vornehmen, es sei denn, dass das Rechtsgeschäft ausschließlich in der Erfüllung einer Verbindlichkeit besteht. Die WEigtümer können etwas anderes bestimmen, auch durch Beschl.

2. Prozess.

 

Rn 7

Der in § 181 BGB enthaltene Rechtsgrundsatz gilt auch für die gerichtliche Vertretung der GdW. Ist zB der Verw auch WEigtümer und erhebt er eine Anfechtungsklage, ist er von der Vertretung der GdW im Prozess ausgeschlossen (BGH ZMR 22, 899 Rz 32). Diesen Gedanken muss man auch auf die Fälle übertragen, in denen der Verw zwar nicht WEigtümer, er aber eng mit dem Kläger verbunden ist, zB wenn der WEigtümer Alleingesellschafter der zum Verw berufenen GmbH ist.

C. WEigtümer (§ 9b I 2).

I. Überblick.

 

Rn 8

Hat die GdW keinen Verw, wird sie nach § 9b I 2 durch die WEigtümer gemeinschaftlich vertreten. Eine Beschränkung des Umfanges auch der Vertretungsmacht ist Dritten ggü unwirksam.

II. Tatbestandsvoraussetzung: Fehlender Verw.

 

Rn 9

Die GdW hat keinen Verw, wenn keiner bestellt ist. Ferner dann, wenn seine Amtszeit abgelaufen ist, der Verw das Amt niedergelegt hat oder seine Bestellung für unwirksam oder für nichtig erklärt wurde. Dasselbe gilt bei Tod des Verw. Dass der Verw an einer Vertretung bloß tatsächlich gehindert ist, zB durch eine Erkrankung, reicht nicht. Auch eine Insolvenz ist unbeachtlich.

III. Rechtsfolge.

 

Rn 10

Liegt die Tatbestandsvoraussetzung vor, vertreten die WEigtümer die GdW gemeinsam (Gesamtvertretung). Bei einer gegen einen WEigtümer gerichteten Klage, wird sie durch die übrigen WEigtümer vertreten (BGH V ZR 180/21 Rz 8 ff). Verbleibt nur ein Wohnungseigentümer,...

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