Gesetzestext

 

(1) 1Das Gericht kann auf Klage eines Wohnungseigentümers einen Beschluss für ungültig erklären (Anfechtungsklage) oder seine Nichtigkeit feststellen (Nichtigkeitsklage). 2Unterbleibt eine notwendige Beschlussfassung, kann das Gericht auf Klage eines Wohnungseigentümers den Beschluss fassen (Beschlussersetzungsklage).

(2) 1Die Klagen sind gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu richten. 2Der Verwalter hat den Wohnungseigentümern die Erhebung einer Klage unverzüglich bekannt zu machen. 3Mehrere Prozesse sind zur gleichzeitigen Verhandlung und Entscheidung zu verbinden.

(3) Das Urteil wirkt für und gegen alle Wohnungseigentümer, auch wenn sie nicht Partei sind.

(4) Die durch eine Nebenintervention verursachten Kosten gelten nur dann als notwendig zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung im Sinne des § 91 der Zivilprozessordnung, wenn die Nebenintervention geboten war.

A. Die Anfechtungsklage (§ 44 I 1 Fall 1).

I. Überblick.

 

Rn 1

Auch dann, wenn ein Beschl nicht ordnungsmäßig und also mangelhaft ist, bindet er nach seiner Rechtsnatur und nach den allgemeinen Grundsätzen alle ihm Unterworfenen, wenn er nicht nichtig ist. Diese Bindung muss bekämpft und vernichtet werden können. Das Instrument hierzu ist als Beschl-Mängelklage die Anfechtungsklage. Prüfungsmaßstab ist § 18 II. Die Anfechtungsklage muss der Anfechtungskläger nach § 45 S 1 innerhalb eines Monats nach der Beschl-Fassung erheben und innerhalb zweier Monate nach der Beschl-Fassung begründen.

II. Streitgegenstand.

 

Rn 2

Streitgegenstand ist die (Un-)Gültigkeit eines Beschl (BGH v 13.1.23 – V ZR 43/22, Rz 12; ZMR 22, 60 Rz 21; NJW 14, 2271 Rz 18 = ZMR 14, 219; AG Essen ZMR 22, 247 [248]). Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage haben denselben Streitgegenstand (BGH v 13.1.23 – V ZR 43/22, Rz 12). Die Klage kann auf einen abtrennbaren Teil des Beschl beschränkt werden (BGH ZWE 13, 47 Rz 9 = ZMR 13, 212). Eine in unzulässiger Weise beschränkte Anfechtungsklage ist im Zweifel als Anfechtung des ganzen Beschl auszulegen (BGH ZWE 13, 47 Rz 11 = ZMR 13, 212; LG München I ZWE 17, 416). Auf denselben Lebenssachverhalt gestützte Anfechtungs- und Nichtigkeitsgründe betreffen keine unterschiedlichen Streitgegenstände (BGH NZM 15, 218 [BGH 12.12.2014 - V ZR 53/14] Rz 6). Str ist, ob die GdW eine Beschl-Klage anerkennen oder sich vergleichen kann. Richtig ist, ihre Einwirkungen auf den Streitgegenstand durch aktives Tun zu verweigern, ihr Nichttun, zB eine Säumnis oder den Verzicht auf ein Rechtsmittel, aber hinzunehmen.

III. Zuständigkeit.

 

Rn 3

Zur Zuständigkeit s § 43 Rn 2 ff.

IV. Einzelheiten.

1. Übersicht.

 

Rn 4

Das Gericht hat einer Anfechtungsklage stattzugeben, wenn der angegriffene, aber entstandene Beschl aus formalen oder materiellen Gründen nicht ordnungsmäßig oder nichtig ist, den Geleichbehandlungsgrundsatz verletzt oder ermessensfehlerhaft ist. Ferner ist der Anfechtungsklage stattzugeben, wenn es den WEigtümern an einer Beschl-Kompetenz fehlte (§ 23 Rn 24 ff).

2. Parteien.

a) Kläger.

aa) WEigtümer.

 

Rn 5

Klagebefugt ist jeder – ggf werdende (BGH ZMR 17, 818 Rz 6) – WEigtümer (Vor §§ 1–49 Rn 1). Maßgebender Zeitpunkt ist die Klageerhebung (Frankf OLGZ 92, 439). Da der BGH jeden Bruchteils- als WEigtümer ansieht (Vor §§ 1–49 Rn 1), kann dieser eigenständig klagen; nach bislang hM kann der Teilhaber hingegen nach § 1011 BGB prozessführungsbefugt sein (BGH NJW 81, 1097; LG München I ZMR 12, 398). Gewillkürte Prozessstandschaft für einen klageberechtigten WEigtümer ist grds möglich (BGH NZM 12, 732 [BGH 21.06.2012 - V ZB 56/12] Rz 6). Ein WEigtümer kann auch klagen, wenn er für den angefochtenen Beschl gestimmt hat (BayObLG ZMR 04, 688; LG Bamberg ZMR 17, 81; LG Hamburg ZMR 11, 996) oder kein Stimmrecht hatte (LG Frankfurt aM NJW 12, 399). Im Einzelfall kann das Anfechtungsrecht verwirkt werden (BGH NJW 12, 2578 Rz 8 = ZMR 12, 709); Zeitablauf genügt hierfür nicht. Hinzutreten müssen besondere Umstände, die eine Inanspruchnahme des Gerichtsschutzes als treuwidrig erscheinen lassen (BGH NJW 12, 2578 Rz 8 = ZMR 12, 709).

bb) Dritte.

 

Rn 6

Klagebefugt sind ferner der Insolvenz- (LG Düsseldorf ZWE 12, 337; AG Charlottenburg ZMR 10, 644) – solange das Wohnungseigentum nicht freigegeben ist –, der Zwangs- (BayObLG NJW-RR 91, 723 f; KG WuM 90, 324; LG Berlin ZMR 09, 474 f) oder der Nachlassverwalter. Ob die Klagebefugnis dieser Dritten die der WEigtümer des verwalteten Wohnungseigentums verdrängt, ist str (verneinend KG ZMR 07, 801; aA LG Düsseldorf ZWE 12, 337; LG Berlin ZMR 09, 474). Dritte, die nur aufgrund des Schuldrechtes, zB Mieter, oder aufgrund des Sachenrechtes, bspw ein Nießbraucher (BGH ZMR 231, 506 Rz 7), Rechte an einem Wohnungseigentum haben, sind hingegen nicht anfechtungsbefugt. Sie können aber gewillkürte Prozessstandschafter sein (BGH ZMR 21, 506 Rz 10). Erhebt ein Dritter als Prozessstandschafter eine Anfechtungsklage, muss die Ermächtigung zu dieser Prozessführung allerdings innerhalb der Klagefrist objektiv vorliegen (und offengelegt oder offensichtlich sein (BGH ZMR 21, 506 Rz 14); anderenfalls ist die Klage, vorbehaltlich etwaiger Nichtigkeitsgründe, als unbegründet abzuweisen (BGH ZMR 21, 506 Rz 14). Etwas anderes gilt, wen...

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