Rn 16

Ehegatten tragen füreinander Verantwortung (§ 1353 I 2), Eltern und Kinder sind einander Beistand und Rücksicht schuldig (§ 1618a). Diese Verpflichtungen gelten auch im Bereich der Errichtung letztwilliger Verfügungen. Grds ist der Erblasser allerdings bereits durch das die Testierfreiheit beschränkende Pflichtteilsrecht (§§ 2303 ff) zu familiärer Solidarität gezwungen und kann ansonsten nach Belieben testieren (Grziwotz ZEV 94, 269). Allerdings kann eine Verfügung von Todes wegen gegen die guten Sitten verstoßen, wenn sie den Ehegatten oder ein Kind zugunsten nichtpflichtteilsberechtigter Personen übergeht und dies trotz des Pflichtteilsanspruches zur Folge hat, dass der Übergangene bedürftig iSd Unterhaltsrechts bleibt oder wird (BGH NJW 84, 2150 f; BayObLG FamRZ 02, 915). Eine Ungleichbehandlung von Angehörigen, also eine Übergehung eines Angehörigen zugunsten eines anderen, verstößt hingegen nicht gegen § 138 (vgl BVerfG NJW 00, 2495 [BVerfG 21.02.2000 - 1 BvR 1937/97]).

 

Rn 17

Der BGH hat die Voraussetzungen des § 138 I darüber hinaus auch bei ›kränkender Zurücksetzung naher Angehöriger‹ hinter ferner stehende Personen, etwa Geliebte oder Freunde, bejaht (BGH NJW 84, 2150 [BGH 12.01.1984 - III ZR 69/83]). Es kann jedoch angesichts der Pflichtteilsansprüche nur die krasse Zurücksetzung durch völlige Enterbung als Anknüpfungspunkt für die Sittenwidrigkeit in Betracht kommen. § 138 würde missverstanden, wenn man aus der Vorschrift einen weitergehenden Schutz bloßer Empfindlichkeiten herleiten wollte (BayObLG FamRZ 92, 226; Staud/Otte vor § 2064 Rz 162).

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