Rn 13

Zu den Einkünften aus selbstständiger Tätigkeit zählen Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft (§§ 2 I Nr 1, 13 EStG), Gewerbebetrieb (§§ 2 I Nr 2, 15 EStG) und selbstständiger Tätigkeit (§§ 2 I Nr 3, 18 EStG). Steuerliche Relevanz besitzen Einkünfte der in § 2 EStG beschriebenen Art nur, wenn sie in Gewinnerzielungsabsicht (§ 15 II EStG; vgl auch Hamm NZFam 18, 573) gezogen werden. Die maßgebliche Größe zur Bestimmung des unterhaltsrechtlich relevanten Einkommens ist der Gewinn (BGH FamRZ 04, 1177; zu Einzelheiten vgl Kleffmann in: Scholz/Kleffmann, Praxishandbuch Familienrecht Teil G Rz 23 ff und Kleffmann FuR 94, 159). Bei Freiberuflern und Gewerbetreibenden, die keine Bilanzierungspflicht trifft, wird der Gewinn durch Einnahme-Überschussrechnung, bei Vollkaufleuten ua durch Betriebsvermögensvergleich ermittelt. Vom unterhaltsrechtlich maßgeblichen Einkommen sind Gewerbesteuern in Abzug zu bringen (Kobl FamRZ 18, 259), obwohl dies keine steuerlich anzuerkennende Betriebsausgabe ist. Die Gewerbesteuer mindert jedoch die tatsächliche Leistungsfähigkeit des Selbstständigen. Als Ersatz einer Einkommensermittlung kann die Gewinnschätzung nach § 13a EStG, § 162 AO genauso wenig herangezogen werden wie eine Cashflow-Rechnung (Durchlaub FamRZ 87, 1223). Zulässig ist ausnahmsweise allerdings eine Schätzung nach § 287 ZPO (BGH FamRZ 93, 789). Zumindest als Hilfsmittel bei der Feststellung des wahren Einkommens (Frankf FuR 01, 370; Dresd FamRZ 99, 850) oder als Indiz (Hamm FamRZ 05, 214) für die Höhe des Effektiveinkommens (BGH NJW 92, 1902; Brdbg FamRZ 14, 219; Ddorf FamRZ 05, 211) können Entnahmen herangezogen werden. Nach § 4 I 2 EStG sind Entnahmen alle Wirtschaftsgüter, die der Steuerpflichtige dem Betrieb für sich, für seinen Haushalt oder für andere betriebsfremde Zwecke im Lauf des Wirtschaftsjahres entnimmt (sog freie Entnahmen etwa für Essen, Kleidung, Urlaub etc oder sog gebundene Entnahmen für Steuern, Versicherungsbeträge etc). Auf Entnahmen kann auch abgestellt werden, wenn konkrete Hinweise auf Manipulationen der steuerlichen Gewinnermittlung bestehen (Frankf FuR 01, 370; Hamm FamRZ 96, 1216) oder der darlegungs- und beweispflichtige Schuldner zur behaupteten Leistungsunfähigkeit oder eingeschränkten Leistungsfähigkeit nicht in dem erforderlichen Umfang Stellung nimmt (BGH FamRZ 80, 770). Entnahmen bilden oftmals einen Anhalt für die in der Vergangenheit bestehenden Lebensverhältnisse (Schürmann FamRZ 02, 1149; Kuckenburg FuR 06, 293). Beruft sich der Unterhaltspflichtige auf Überentnahmen, dh auf Privatentnahmen, die den in den vorgelegten steuerlichen Unterlagen ausgewiesenen Gewinn übersteigen, hat er iRd schlüssigen Darlegung seiner Einkommensverhältnisse nachzuweisen, dass er die Entnahmen aus der Substanz des Betriebes und/oder auf Kosten einer (zunehmenden) Verschuldung getätigt hat. Gelingt ihm dieser Nachweis, kann ihm nicht zugemutet werden, weiterhin nicht erwirtschaftete Entnahmen zu tätigen und dies durch zusätzliche Darlehensaufnahmen zu finanzieren (Frankf FamRZ 05, 803). Grds sind bei Einkünften aus selbstständiger Tätigkeit die letzten drei Jahre (BGH FamRZ 04, 1355; Kobl FamRZ 18, 259) maßgeblich, uU kann auch ein längerer Zeitraum zugrunde gelegt werden (BGH NJW 84, 1614; vgl auch Ziff 1.5 der Leitlinien). Das Einkommen aus dem Durchschnitt der letzten 3 Jahre stellt eine Einkommensprognose für den künftigen Unterhalt dar. Für den rückständigen Unterhalt ist auf die tatsächlichen Einkünfte in dem jeweiligen Kalenderjahr abzustellen (Frankf FamRZ 20, 584 und grundlegend BGH FamRZ 07, 1532). Ein mehrjähriger Schnitt beschreibt hingegen die Einkommensverhältnisse dann nicht zutr, wenn es sich um die Anfangsphase eines neu gegründeten Betriebs handelt oder anhaltend sinkende Umsätze zu verzeichnen sind. In derartigen Konstellationen kann es angebracht sein, nur auf das letzte abgeschlossene Geschäftsjahr (BGH FamRZ 85, 471) abzustellen oder die Einkünfte aus dem Mehrjahreszeitraum zu gewichten (BGH FamRZ 11, 1851).

 

Rn 14

Bei Beteiligung als Gesellschafter an einer Personengesellschaft oder als Gesellschafter an einer Kapitalgesellschaft ist zu prüfen, ob es sich um einen Minderheits- oder Mehrheitsgesellschafter handelt. Bei Mehrheitsgesellschaftern von Personen- und Kapitalgesellschaften, dh bei einer Beteiligungsquote von 50 % oder mehr, gilt, dass diese unterhaltsrechtlich nicht besser, aber auch nicht schlechter behandelt werden dürfen als Selbstständige, die Einkünfte als Einzelunternehmer oder Freiberufler erzielen. Unterhaltsrechtlich kann sich die Leistungsfähigkeit dieser Mehrheitsgesellschafter nicht nur nach den tatsächlichen Entnahmen bzw den tatsächlich vorgenommenen Gewinnausschüttungen bemessen. Bei Mehrheitsgesellschaftern ist vom Grundsatz der Vollausschüttung auszugehen (Hamm FamRZ 09, 981; Perleberg-Kölbel FuR 16, 221). Soweit jedoch die hohe Kreditbelastung aus betriebswirtschaftlicher Sicht zur Vermeidung einer weiteren Verschuldung mit der Ausschüttung erziel...

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