Rn 6

Als Regelungen des AT gelten die §§ 145 ff für alle Arten von Verträgen des materiellen Privatrechts, soweit keine Sonderregeln existieren (BGH NJW-RR 22, 952 [BGH 06.04.2022 - VIII ZR 219/20], Rz 25 ff zu §§ 558 ff). Der Vertrag ist im dt Recht keine Kategorie, die ausschl dem Obligationenrecht zugewiesen ist, wenngleich hier ihr Hauptanwendungsfall liegt. Entspr gibt es auch sachenrechtliche, familienrechtliche, erbrechtliche usw Verträge.

 

Rn 7

Auf das Zustandekommen gesellschaftsrechtlicher Beschlüsse (zu unterscheiden von Gesellschaftsverträgen, auf die nach hM die §§ 145 ff unmittelbar anwendbar sind, BGHZ 47, 179; Staud/Bork Vor zu §§ 145–156 Rz 90), die grds dem Mehrheitsprinzip unterfallen, sind sie analog anwendbar (Staud/Bork Vor zu §§ 145–156 Rz 6), soweit nicht das den §§ 145 ff zugrunde liegende Konsensprinzip entgegensteht.

 

Rn 8

Die §§ 145 ff finden nach heute hM auch auf wettbewerbsrechtliche Vertragsstrafevereinbarungen (BGH WRP 06, 1139 [BGH 18.05.2006 - I ZR 32/03]) und kartellrechtliche Vereinbarungen iSd § 1 GWB Anwendung (Staud/Bork Vor zu §§ 145–156 Rz 7; Erman/Armbrüster Vor § 145 Rz 3). Der weite Vertragsbegriff der früheren hM, der auch nichtvertragliche Absprachen umfasste, so dass die §§ 145 ff nur eingeschränkt anwendbar waren (vgl BGHZ 55, 104 = NJW 71, 521), ist durch die Reform des GWB überholt. Absprachen, die ohne rechtlichen Bindungswillen erfolgen, können kartellrechtlich als abgestimmtes Verhalten iSv § 1 GWB erfasst werden.

 

Rn 9

Prozessverträge sind von den Verträgen des materiellen Rechts nach dem Regelungsgegenstand zu unterscheiden. Auf sie findet grds Prozessrecht Anwendung, das allerdings das Zustandekommen von Prozessverträgen nicht regelt. Insoweit kann auf die §§ 145 ff zurückgegriffen werden (Zöller/Greger Vor § 128 Rz 27; Rosenberg/Schwab/Gottwald § 66 Rz 10; G. Wagner, Prozessvertrag, 278 ff).

 

Rn 10

Auf den Abschluss von öffentlich-rechtlichen Verträgen iSv § 54 VwVfG finden gem § 62 2 VwVfG die §§ 145 ff Anwendung, soweit die §§ 54 ff VwVfG keine Sonderregelung enthalten (Saarbr NJW 93, 1612 [OVG Saarland 23.06.1992 - 2 R 51/90]; MüKo/Busche Vor § 145 Rz 52). Zu beachten ist das Schriftformerfordernis aus § 57 VwVfG, eine Annahme nach § 151 ist ausgeschlossen (Staud/Bork Vor zu §§ 145–156 Rz 98).

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