Zusammenfassung

 

Art 5 KSÜ(1) Die Behörden, seien es Gerichte oder Verwaltungsbehörden, des Vertragsstaats, in dem das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, sind zuständig, Maßnahmen zum Schutz der Person oder des Vermögens des Kindes zu treffen.

(2) Vorbehaltlich des Artikels 7 sind bei einem Wechsel des gewöhnlichen Aufenthalts des Kindes in einen anderen Vertragsstaat die Behörden des Staates des neuen gewöhnlichen Aufenthalts zuständig.

 

Rn 1

Inhaltlich stimmt das KSÜ, was die internationale Zuständigkeit (Art 5 ff) für die Anordnung von Schutzmaßnahmen (ua elterliche Verantwortung, Vormundschaft u Pflegschaft) über Minderjährige sowie deren gegenseitige Anerkennung (Art 23 ff) anbetrifft, weitestgehend mit Art 7 ff Brüssel IIb-VO überein, die jedoch grds Vorrang haben (Art 97 der VO). Die internationale Zuständigkeit nach dem KSÜ knüpft an den gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes an (Art 15 ff iVm 5 ff; Karlsr FamRZ 16, 248 [LS]; Staud/Pirrung Vorbem Art 19 Rz D 100). Dies ist der Ort des tatsächlichen Lebensmittelpunkts. Ausschlaggebende Umstände können der Wohnort des Kindes u der Aufenthaltsort des betreuenden Elternteils sowie der Ort des Kontakts zum anderen Elternteil (EuGH C-512/17, HR, FamRZ 18, 1426 = ECLI:EU:C:2018:513 zu Art 8 Brüssel IIa) sein. Der EuGH geht von körperlicher Anwesenheit des Kindes aus (für Art 8 Brüssel IIa EuGH C-501/20, MPA, FamRZ 22, 1466 Anm Dimmler FamRB 22, 423 = ECLI:EU:C:2022:619) u betont für ein Kleinkind objektive Kriterien (EuGH FamRZ 18, 1426; vgl auch EuGH C-393/18, PPU UD, NJW 19, 415 m Anm Siehr FamRZ 19, 132 u Aufs Thomale GPR 19, 173 = ECLI:EU:C:2018:835). Das gilt auch im Hinblick auf das Kind einer Mutter und ihrer gleichgeschlechtlichen Ehefrau (KG FamRZ 18, 1925). Eine perpetuatio fori ist nicht vorgesehen (EuGH CC./. VO FamRZ 22, 1476 Anm Flindt NZFam 22, 948 = ECLI:EU:C:2022:562; Frankf NZFam 20, 136 zust Mankowski). Das HKÜ (dazu Anh 10) hat Vorrang (Art 50). Auf die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts kommt es nach dem vorrangigen KSÜ entgegen §§ 6 II SGB VIII nicht an (§ 6 IV SGB VIII).

 

Rn 2

Ein Aufenthaltswechsel führt – vorbehaltlich des Art 7 – zu einer Änderung der Zuständigkeit.

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