Gesetzestext

 

(1) Diese Verordnung lässt die Anwendung internationaler Übereinkommen unberührt, denen ein oder mehrere Mitgliedstaaten zum Zeitpunkt der Annahme dieser Verordnung angehören und die Bereiche betreffen, die in dieser Verordnung geregelt sind. Insbesondere wenden die Mitgliedstaaten, die Vertragsparteien des Haager Übereinkommens vom 5. Oktober 1961 über das auf die Form letztwilliger Verfügungen anzuwendende Recht sind, in Bezug auf die Formgültigkeit von Testamenten und gemeinschaftlichen Testamenten anstelle des Artikels 27 dieser Verordnung weiterhin die Bestimmungen dieses Übereinkommens an.

(2) Ungeachtet des Absatzes 1 hat diese Verordnung jedoch im Verhältnis zwischen den Mitgliedstaaten Vorrang vor ausschließlich zwischen zwei oder mehreren von ihnen geschlossenen Übereinkünften, soweit diese Bereiche betreffen, die in dieser Verordnung geregelt sind.

(3) Diese Verordnung steht der Anwendung des Übereinkommens vom 19. November 1934 zwischen Dänemark, Finnland, Island, Norwegen und Schweden mit Bestimmungen des Internationalen Privatrechts über Rechtsnachfolge von Todes wegen, Testamente und Nachlassverwaltung in der geänderten Fassung der zwischenstaatlichen Vereinbarung zwischen diesen Staaten vom 1. Juni 2012 durch die ihm angehörenden Mitgliedstaaten nicht entgegen, soweit dieses Übereinkommen Folgendes vorsieht:

a) Vorschriften über die verfahrensrechtlichen Aspekte der Nachlassverwaltung im Sinne der in dem Übereinkommen enthaltenen Begriffsbestimmung und die diesbezügliche Unterstützung durch die Behörden der dem Übereinkommen angehörenden Staaten und
b) vereinfachte und beschleunigte Verfahren für die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Erbsachen.

A. Staatsverträge der Mitgliedstaaten.

I. Multilaterale Staatsverträge.

 

Rn 1

Art 75 betrifft das Verhältnis zu bestehenden internationalen Staatsverträgen der MS. Grds lässt die VO die Anwendung internationaler Üb unberührt, denen ein oder mehrere MS zum Zeitpunkt der Annahme der Verordnung angehören u die Bereiche betreffen, die in der Verordnung geregelt sind, UA 1 (Erw 73).

II. Bilaterale Abkommen.

 

Rn 2

Bilaterale Abk, die Deutschland geschlossen hat, bestehen insb im Verhältnis zum Iran, zu Russland u den Nachfolgestaaten der Sowjetunion sowie zur Türkei. Sie gelten weiterhin (Mankowski ZEV 13, 529, 534; Gebauer IPRax 18, 345 ff.; NK/Magnus Rz 10; allg Wurmnest/Wössner ZvglRWiss 118 [19] 449 ff). Das vorrangig anzuwendende Abk entscheidet auch, wieweit eine Rechtswahl möglich ist (Heinemann MDR 15, 928, 929). Die Kollisionsnormen dieser Abk enthalten durchweg Sachnormverweisungen. Da das deutsch-türkische u das deutsch-sowjetische Abk die Erbfolge in Immobilien bzw Rechte an diesen nach dem Recht der Belegenheit beurteilen, kommt es hier häufig zur Nachlassspaltung.

 

Rn 3

Gem § 14 I des deutsch-türkischen Nachlassabkommens vom 17.2.29, das als Anh zu Art 20 des deutsch-türkischen Konsularvertrages vom 28.5.29 (RGBl 1930 II 748 = Jayme/Hausmann Nr 62; BGBl 52 II 608) abgeschlossen wurde, geht von einer gespaltenen Anknüpfung aus. Der bewegliche Nachlass eines Deutschen oder Türken unterliegt dem Recht des Staates, dessen Nationalität der Erblasser bei seinem Tode besaß (Damar IPRax 12, 278 ff; Majer ZEV 12, 182 ff; Yarayan ErbR 14, 571 ff; Sütçü ZErb 15, 43 ff. Zu Doppelstaatern Kaya ZEV 15, 208 ff; Gebauer IPRax 18, 345, 349 f). Für unbewegliches Vermögen gilt gem § 14 II das Recht der Belegenheit, also deutsches Recht für deutsches unbewegliches Vermögen (BGH FamRZ 12, 1871). Vorfragen werden zT selbständig (MüKo/Dutta Rz 22), nach aA unselbstständig angeknüpft (Köln FamRZ 14, 1585). Gem § 16 sind Verfügungen vTw formwirksam, wenn sie den Formanforderungen des Heimatstaates des Erblassers oder aber denjenigen des Staates, in dem die Verfügung getroffen wurde, entsprechen. Die Behandlung der Erbteilserhöhung des überlebenden Ehegatten nach deutschem Recht (§ 1371 I BGB) ist zweifelhaft (unentschieden Hamm FamRZ 19, 1566 m Anm Mankowski NZFam 19, 509 u Thorn/Varón Romero IPRax 20, 316 sowie Aufs Süß ZErb 19, 249). – Nach § 15 S 1 sind für Klagen über die Feststellung des Erbrechts, Erbschaftsansprüche u Ansprüche aus Vermächtnissen u Pflichtteilen, soweit sie sich auf den beweglichen Nachlass beziehen, die Gerichte des Heimatstaates des Erblassers, soweit sie den unbeweglichen Nachlass betreffen, die Gerichte der Belegenheit der Immobilie zuständig (s BGH FamRZ 16, 122 m Anm Gottwald = ZEV 16, 150 Anm Eichel).

 

Rn 4

Art 8 III 1 des deutsch-iranischen Niederlassungsabkommens vom 17.2.29 (RGBl 1930 II 1006 = Jayme/Hausmann Nr 22; BGBl 55 II 829) unterstellt den Nachlass umfassend dem Heimatrecht des Erblassers (München ZErb 12, 220; zur Nichtermittelbarkeit iranisch-jüdischen Erbrechts, AG Hamburg-St. Georg ZEV 19, 661). Das gilt auch für in Drittstaat belegenen Nachlass (MüKo/Dutta Rz 13; Wurmnest IPRax 16, 447, 450 gegen AG Hamburg-St. Georg ZEV 15, 580). Für deutsch-iranische Doppelstaater gilt das Abk nicht (München ZEV 10, 255 [OLG München 01.02.2010 - 31 Wx 37/09]), wohl aber für Iraner mit Drittstaatszugehörigkeit (AG Hamburg-St....

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