Gesetzestext

 

(1) Eine Person kann für die Rechtsnachfolge von Todes wegen das Recht des Staates wählen, dem sie im Zeitpunkt der Rechtswahl oder im Zeitpunkt ihres Todes angehört. Eine Person, die mehrere Staatsangehörigkeiten besitzt, kann das Recht eines der Staaten wählen, denen sie im Zeitpunkt der Rechtswahl oder im Zeitpunkt ihres Todes angehört.

(2) Die Rechtswahl muss ausdrücklich in einer Erklärung in Form einer Verfügung von Todes wegen erfolgen oder sich aus den Bestimmungen einer solchen Verfügung ergeben.

(3) Die materielle Wirksamkeit der Rechtshandlung, durch die die Rechtswahl vorgenommen wird, unterliegt dem gewählten Recht.

(4) Die Änderung oder der Widerruf der Rechtswahl muss den Formvorschriften für die Änderung oder den Widerruf einer Verfügung von Todes wegen entsprechen.

A. Zulässigkeit der Rechtswahl.

 

Rn 1

Die VO erlaubt eine (›große‹) Rechtswahl, die dann das Erbstatut bestimmt (Leitzen ZEV 13, 128 ff; Nordmeier GPR 13, 148 ff; Heinig RNotZ 14, 197 ff; Soutier ZEV 15, 515 ff). Besondere Vorschriften bestehen für Erbverträge (Art 25) u gemeinschaftliche Testamente (s Art 24 Rn 2 ff) sowie eine beschränkte Teilrechtswahl (Art 24 II, 25 III). Rück- u Weiterverweisung sind nicht zu beachten (Art 34 II; dazu Solomon FS Schurig [12], 237, 259 f). Bei der Wahl des Rechts eines MS gelten nach Art 59 besondere Zuständigkeitsregeln. Damit steht der Weg zu einer Gerichtsstandsvereinbarung nach Art 7 zur Verfügung (Wagner NJW 18, 3284, 3286).

 

Rn 2

Das Erbstatut wird einheitlich bestimmt (vgl Art 21 Rn 2). Eine Nachlassspaltung, wie sie das bisherige deutsche Recht durch eingeschränkte Rechtswahl (Art 25 II aF EGBGB) ermöglichte, ist nicht mehr zulässig (Simon/Buschbaum NJW 12, 2393, 2395 f; Herzog ErbR 13, 2, 6). Eine Teilrechtswahl für einzelne Vermögensgegenstände ist nicht möglich (Köln FamRZ 20, 869; BRHP/J Schmidt Rz 35). Ausn können sich lediglich aufgrund international zwingender Normen (Art 30) oder bei Eingreifen von vorrangigen Staatsverträgen (s Art 75) ergeben.

B. Wählbare Rechte (Abs 1).

 

Rn 3

Eine Person kann für die Rechtsnachfolge vTw das Recht des Staates wählen, dem sie im Zeitpunkt der Rechtswahl oder im Todeszeitpunkt angehört (Art 22 I UA 1). Das jeweilige Staatsangehörigkeitsrecht, einschlägige Staatsverträge sowie das Unionsrecht bestimmen über den Staatsangehörigkeitserwerb (Erw 41). Ein in Spanien ansässiger Deutscher kann daher durch eine formgültige Rechtswahl in einer Verfügung vTw festlegen, dass die Erbfolge in Bezug auf seinen Nachlass dem deutschen Recht unterliegen soll.

 

Rn 4

Die VO stellt klar, wie bei Mehrstaatigkeit zu verfahren ist. Ein Mehrstaater kann das Recht jedes der Staaten wählen, dem er im Zeitpunkt der Rechtswahl angehört (I UA 2). Daher ist nicht erforderlich, dass es sich um die effektive Staatsangehörigkeit handelt (MüKo/Dutta Rz 3; NK/Looschelders Rz 20). Damit werden Schwierigkeiten u Unsicherheiten der Feststellung der Staatsangehörigkeit vermieden.

 

Rn 5

Man könnte annehmen, dass dem Staatenlosen keine Rechtswahl gestattet wird, da man für solche Personen iA auf das Recht ihres gewöhnlichen Aufenthalts ausweicht (so Leitzen ZEV 13, 128). Man wird aber nach den einschlägigen Konventionen für Staatenlose u anerkannte Flüchtlinge (s Art 5 EGBGB Rn 13 ff) auf den gewöhnlichen Aufenthalt abstellen u eine Wahl dieses Rechts zulassen müssen (Grüneberg/Thorn Rz 4; vgl Gruber IPRax 12, 381, 385 f). Teilw will man bei noch bestehender Staatsangehörigkeit auch diese zulassen, MüKo/Dutta Rz 5.

 

Rn 6

Der maßgebliche Zeitpunkt der Rechtswahl ist auf den Zeitpunkt der Rechtswahl oder des Todes beschränkt. Ein späterer Wechsel der Staatsangehörigkeit schadet nicht (Heinemann MDR 15, 928, 203).

 

Rn 7

Eine Wahl des Rechts desjenigen Staates, in dem der Erblasser zum Zeitpunkt der Rechtswahl seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, ist nicht möglich (Kurth ErbR 20, 395). Diese Rechtsordnung gilt zwar ohnehin kraft Gesetzes, kann sich aber ändern. Das Problem des Statutenwechsels u daraus resultierender Unwirksamkeit letztwilliger Verfügungen löst eine statische Anknüpfung im Rahmen des Testamentsstatuts.

C. Art der Rechtwahl (Abs 2).

 

Rn 8

Es muss eine konkrete Rechtsordnung (ggf Teilrechtsordnung, Art 36 II lit b) genannt werden; eine generelle Wahl des Rechts der jeweiligen Staatsangehörigkeit ist unzulässig (Dörner ZEV 12, 505, 511; NK/Looschelders Rz 18; Grüneberg/Thorn Rz 3.– Anders BRHP/J Schmidt Rz 19; MüKo/Dutta Rz 11). Eine Rechtswahl nach Art 24 II bzw. Art 25 III dürfte nicht genügen (Janzen DNotZ 12, 484, 486). Bedingte Rechtswahl ist zulässig (Ludwig DNotZ 14, 12); auch eine Befristung (Heinemann MDR 15, 928, 930). Die Rechtswahl kann ausdrücklich in einer Erklärung in einer Verfügung vTw erfolgen (II Alt 1). Für die Form gilt das HTÜ. Rechtswahl u materielle Verfügung vTw müssen aber nicht gleichzeitig getroffen werden (Heinemann MDR 15, 928, 930).

 

Rn 8a

Es genügt auch, wenn sich die Rechtswahl aus den Bestimmungen einer solchen Verfügung ergibt (›demonstrated by the terms of such a disposition‹; II Alt 2). Eine konkludente Wahl ist daher möglich (Dutta FamRZ 13, 4, ...

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