Rn 39

Gem Art 20 III GG besteht für die Exekutive und die Judikative eine generelle Bindung an G und Recht. Damit ist es zwingend die Aufgabe jedes Rechtsanwenders, das im konkreten Fall einschlägige Recht aufzusuchen. Dieses einschlägige Recht ist jedenfalls das gesetzte Recht, also jeder durch staatlich geregeltes oder anerkanntes Verfahren geschaffene normative Satz. Hinzu kommt zwingend das Gewohnheitsrecht, also das nicht förmlich gesetzte, sondern durch längere tatsächliche Übung entstandene Recht, wobei die Übung eine dauernde und ständige, gleichmäßige und allg sein muss, und die Norm von den beteiligten Rechtsgenossen als verbindliche Rechtsnorm anerkannt werden muss (BVerfGE 22, 121). Neben dem gesetzten Recht und dem Gewohnheitsrecht werden richterrechtliche Entwicklungen bis heute allg nicht als Rechtsquelle anerkannt, sondern sie bilden nur eine Rechtserkenntnisquelle (Ausnahme § 31 BVerfGG). Auch wenn die faktisch sehr große Bedeutung des Richterrechts unbestritten ist, hat diese theoretische Position der Ablehnung von Richterrecht als Rechtsquelle wichtige Bedeutung: So kann die Rspr durch spätere Entscheidung eine frühere Auffassung jederzeit abändern, es entsteht dabei kein Rückwirkungsproblem, eine richterliche Entscheidung bedarf niemals der Aufnahme ins BGBl (Ausnahme Entscheidungen des BVerfG nach § 31 BVerfGG) und es gibt nach deutschem Recht keine strikte Präjudizienbindung. Das Aufsuchen der entscheidungserheblichen Rechtsnorm führt insb auch zu der Problematik des Vorrangs von Rechtsnormen, also zur Normenpyramide. Nach anerkannter Auffassung sind zunächst die allg Regeln des Völkerrechts (Art 25 GG) sowie das Völkergewohnheitsrecht zu beachten, sodann das Recht der Europäischen Union, weiterhin deutsches Bundesverfassungsrecht und erst danach das formelle Bundesrecht (Bundesgesetze, Gewohnheitsrecht, EMRK). Im Rang nach dem formellen Bundesrecht kommt sodann das materielle Bundesrecht (Verordnungen, Satzungen) und anschließend das Landesrecht (vgl Art 31 GG), also die jeweilige Landesverfassung, die Landesgesetze und schließlich Verordnungen und Satzungen eines Landes.

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