Gesetzestext

 

(1) 1Rechte an Luft-, Wasser- und Schienenfahrzeugen unterliegen dem Recht des Herkunftsstaats. 2Das ist

1. bei Luftfahrzeugen der Staat ihrer Staatszugehörigkeit,
2. bei Wasserfahrzeugen der Staat der Registereintragung, sonst des Heimathafens oder des Heimatorts,
3. bei Schienenfahrzeugen der Staat der Zulassung.

(2) 1Die Entstehung gesetzlicher Sicherungsrechte an diesen Fahrzeugen unterliegt dem Recht, das auf die zu sichernde Forderung anzuwenden ist. 2Für die Rangfolge mehrerer Sicherungsrechte gilt Artikel 43 Abs. 1.

A. Normzweck und Anwendungsbereich.

 

Rn 1

Die Vorschrift enthält eine kollisionsrechtliche Sonderregel für dingliche Rechte an bestimmten Arten von Transportmitteln. Bei diesen Transportmitteln brächte die Anknüpfung an die lex rei sitae nicht die erstrebte Rechtssicherheit infolge der häufigen Veränderung des Lageorts. Sie würde insofern nicht den Verkehrsinteressen gerecht. Art 45 I knüpft stattdessen an das Herkunftsland des Fahrzeugs an. Als vorrangiges Recht ist das Genfer Abk über die internationale Anerkennung von Rechten an Luftfahrzeugen v 19.6.48 zu berücksichtigen (BGBl II 59, 130 ff, umgesetzt durch das Gesetz über Rechte an Luftfahrzeugen, BGBl I 59, 57 ff). Das von UNIDROIT und ICAO initiierte Abk von Kapstadt über Sicherungsrechte an beweglichen Ausrüstungsgegenständen v 16.11.01 schafft ein international einheitliches Sicherungsrecht an beweglichen Ausrüstungsgegenständen des Raumfahrt-, Luftfahrt- und Eisenbahnverkehrs (Henrichs IPRax 03, 210; Schmalenbach/Sester WM 05, 301). Das Übereinkommen und das zugehörige Protokoll betreffend Besonderheiten der Luftfahrzeugausrüstung sind für die Mitgliedstaaten der Europäischen Union (Ausnahme Dänemark) am 1.8.09 in Kraft getreten. Das Luxemburger Protokoll on matters specific to railway rolling stock von 2007 (Eisenbahnprotokoll), das sich gleichfalls auf die Kapstadt-Konvention bezieht, ist noch nicht in Kraft.

 

Rn 2

Art 45 ist anwendbar für solche Fahrzeuge, die unter normalen Bedingungen dem Personen- oder Güterverkehr mit dem Ausland dienen können (MüKo/Wendehorst Rz 16). Noch nicht in Gebrauch genommene Fahrzeuge und Bauwerke fallen daher nicht unter die Norm (BTDrs 14/343, 17). Weitere Voraussetzung ist, dass es sich um ein Luft-, Wasser- oder Schienenfahrzeug handelt. Luftfahrzeuge sind entspr auch Zeppeline, Heißluftballons, Drohnen, aber auch Raumfahrzeuge und Satelliten (für Gegenstände der Weltraumfahrt ist allerdings der Weltraumvertrag, BGBl II 69, 1967 ff, zu berücksichtigen). Wasserfahrzeuge sind sowohl See- als auch Binnenschiffe, gleich ob sie registerpflichtig sind. Sport- und Vergnügungsboote sind ebenso erfasst wie U-Boote und Luftkissenboote, nicht aber Haus- und Hotelboote. Auch Bohrinseln auf hoher See und andere Off-shore-Ausrüstung fallen unter Art 45, soweit sie nicht primär stationär innerhalb von Hoheitsgewässern eingesetzt werden (MüKo/Wendehorst Rz 22). Nicht hierher gehören daher Off-shore Windkraftanlagen, für die Art 43 (analog) gilt (Reichert-Facilides WM 11, 1544, 1549; Wurmnest RabelsZ 08, 236). Anders mglw aber für Floating-Offshore-Anlagen, s Meister/Overkamp EnWZ 21, 71, 72 ff. Schienenfahrzeuge sind neben Eisenbahnlokomotiven, Güter- oder Personenwaggons auch andere schienenbasierte Verkehrsmittel wie etwa Magnetschwebebahnen.

 

Rn 3

Eine analoge Anwendung auf andere Transportmittel (LKW und PKW) ist ausgeschlossen; insoweit ist Art 43 anwendbar, wenn nicht die Voraussetzungen des Art 46 vorliegen (s Art 43 Rn 18).

B. Anknüpfung an das Herkunftsland nach Art 45 I.

 

Rn 4

Nach Art 45 I gilt für die bezeichneten Fahrzeugtypen das Herkunftslandprinzip. Bei Flugzeugen ist das Herkunftsland gem I Nr 1 iVm Art 17 des Chicagoer Abk v 7.12.44 über die internationale Zivilluftfahrt der Staat, in dem sie registriert sind. Auch Wasserfahrzeuge unterliegen, soweit sie registriert sind, dem Recht des Registerstaates, wobei es stets auf das Register ankommt, in dem etwaige dingliche Eintragungen (Eigentümer, Schiffshypotheken) vorzunehmen wären; das Flaggenregister ist unerheblich (BTDrs 14/343, 17). IÜ gilt das Recht des Heimathafens (§ 480 HGB, BGH NJW-RR 00, 1583 [BGH 29.05.2000 - II ZR 334/98]) oder des Heimatorts (§ 6 BinSchG), von dem aus das Schiff eingesetzt wird, I Nr 2 (so auch schon BGH NJW 95, 2097). Bei Schienenfahrzeugen ist nach I Nr 3 das Recht des Staates der Zulassung maßgeblich. Problematisch für die Anwendung dieser Regelung ist die Zuständigkeit der Europäischen Eisenbahnagentur (ERA) für die Genehmigung des Inverkehrbringens von Schienenfahrzeugen nach Art 2 III, 20 der VO (EU) 2016/796 iVm Art 21 V 1 der RL (EU) 2016/797, wonach eine nationale Zulassung entfällt. Entspr Art 46 sollte das Recht des Staates angewendet werden, zu dem die engste Verbindung besteht (eingehend mit Anpassungsvorschlägen de lege ferenda Wurmnest/Simsa WM 21, 2224, 2226 ff).

 

Rn 5

Art 45 I ist gem Art 4 I grds eine Gesamtverweisung (Looschelders IPR Rz 3; NK-BGB/v Plehwe Rz 4), für Rechte an Luftfahrzeugen ist allerdings wegen des staatsvertraglichen Hintergrunds eine Sachnormverweisung anzunehmen (MüK...

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