Rn 1

Der § 988 verlagert den Zeitpunkt, ab dem eine Haftung überhaupt möglich wäre, zeitlich nach vorne, sodass im Gegensatz zu § 987 – bei dem der redliche Eigen- oder Fremdbesitzer erst ab Rechtshängigkeit ersatzpflichtig wird – für den Herausgabeanspruch bzgl gezogener Nutzungen schon der Zeitpunkt der Besitzerlangung bis zum Eintritt der Rechtshängigkeit ausschlaggebend ist. Ein Rückgriff auf § 818 IV ist somit nicht nötig. Voraussetzung für § 988 ist jedoch, dass der Besitz unentgeltlich, also ohne Gegenleistung, erlangt wurde. Ist dies zu bejahen, müssen die gezogenen – nicht aber die fiktiven – Nutzungen an den Eigentümer nach Bereicherungsrecht herausgegeben werden, obwohl kein Kondiktionsanspruch zwischen Eigentümer und Besitzer besteht (BGHReport 07, 1013). § 988 verweist lediglich auf die Rechtsfolgen, wobei der Vorrang der Leistungsbeziehungen hier nicht gilt: Da der Besitzer durch die Unentgeltlichkeit des Besitzerwerbs (zB bei Schenkung) im Verhältnis zum Eigentümer nicht bzw weniger schutzwürdig ist (BGH NJW 08, 222 [BGH 22.06.2007 - V ZR 136/06]), gibt § 988 als Sonderregelung einen direkten Anspruch gegen den Besitzer. Zur Abgrenzung s.a. BGH, NZM 17, 729 [BGH 20.09.2017 - VIII ZR 279/16].

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