Rn 31

Verletzung der Freiheit ist nach hM die Beeinträchtigung bzw der Entzug der körperlichen Bewegungsfreiheit (München OLGZ 85, 466, 467; Staud/J Hager § 823 Rz B 53 mwN); auf die Kasuistik zu § 239 StGB kann zurückgegriffen werden (BeckOGK/Spindler § 823 Rz 115). Die Dauer des Freiheitsentzugs ist gleichgültig, erforderlich ist aber eine gewisse Erheblichkeit (Abgrenzung zum allg Lebensrisiko). So werden nach hM ein Verkehrsstau aufgrund eines Unfalls oder das kurzzeitige Blockieren einer Ausfahrt nicht erfasst (Staud/J Hager § 823 Rz B 54 mwN), wohl aber Blockaden, die von vornherein auf eine Beeinträchtigung der Bewegungsfreiheit ausgerichtet sind (BeckOGK/Spindler § 823 Rz 118). Nicht geschützt sind allg Handlungsfreiheit und wirtschaftliche Entscheidungsfreiheit (München OLGZ 85, 466, 467; Soergel/Spickhoff § 823 Rz 53; BeckOGK/Spindler § 823 Rz 117, beide mwN, auch zur aA); sie werden aber teilw durch das Allgemeine Persönlichkeitsrecht bzw das Recht am Unternehmen erfasst.

 

Rn 32

Wichtige Anwendungsfälle sind die unberechtigte Freiheitsentziehung durch Verhaftung oder Unterbringung durch physische Gewalt (bei psychisch Kranken). Für lediglich psychische Beeinflussungen, die zu einer Freiheitsentziehung führen (zB Täuschung, Drohung, psychischer Zwang), wird heute überwiegend angenommen, dass sie nicht von § 823 I, sondern von § 823 II iVm § 240 StGB erfasst werden (zB NK-BGB/Katzenmeier § 823 Rz 25; BeckOGK/Spindler § 823 Rz 117 mwN). In vielen Fällen ist allerdings § 839 iVm Art 34 GG einschlägig (§ 839 Rn 96 ff). Für gerichtliche Sachverständige, deren Gutachten zu einer Freiheitsentziehung (insb zur Unterbringung) führt, gilt § 839a. Daneben kommt nach dem Willen des Gesetzgebers, der die Regelung als abschließend ansah (BTDrs 14/7752, 28), keine Haftung nach § 823 I, etwa bei leichter Fahrlässigkeit, in Betracht. Bei mechanischer Fixierung von Patienten kann zwar eine Freiheitsverletzung vorliegen (abgelehnt allerdings für im Koma befindlichen Patienten von Bambg NJW-RR 12, 467, 468), die aber in vielen Fällen gerechtfertigt sein dürfte (auch dazu Bambg NJW-RR 12, 467, 469 f [OLG Bamberg 05.12.2011 - 4 U 72/11]).

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