Rn 99

Fraglich ist, ob durch negative Äußerungen in Bewertungsportalen (ausf Wilkat Bewertungsportale im Internet 13, 59 ff) in das Recht am Unternehmen eingegriffen wird. Ein Eingriff durch den Äußernden (sofern er sich ermitteln lässt) dürfte zu bejahen sein, wenn es sich um eine nach allgemeinen Grundsätzen unzulässige Äußerung über ein Unternehmen handelt, also insb bei Meinungsäußerungen (zur Abgrenzung von Tatsachenbehauptungen s jetzt insb Stuttg BB 22, 2451, 2451 f [OLG Stuttgart 31.08.2022 - 4 U 17/22]) mit ›Prangerwirkung‹ (s.o. Rn 94), die nicht mehr durch Art 5 I GG gedeckt sind. Bei unwahren Tatsachenbehauptungen kommt vorrangig eine Haftung des Äußernden nach § 824 bzw ggf § 823 II iVm § 186 StGB (nicht angesprochen von Stuttg BB 22, 2451, 2452 [OLG Stuttgart 31.08.2022 - 4 U 17/22]) sowie ggf eine Verletzung des Unternehmenspersönlichkeitsrechts in Betracht; insoweit gelten ebenfalls die allgemeinen Regeln (s.a. Petershagen NJW 08, 953, 955 f). Eine Haftung des Portalbetreibers nach denselben Grundsätzen (dazu etwa Nürnbg K&R 10, 522) ist allenfalls unter besonderen Umständen denkbar, weil im Rahmen der Rechtswidrigkeitsabwägung zu seinen Gunsten insb seine Grundrechte aus Art 5 I und Art 12 GG sowie das Informationsinteresse der Allgemeinheit zu berücksichtigen sind, die zusammen genommen regelmäßig schwerer wiegen dürften als die Grundrechte des Bewerteten aus Art 12 und evtl Art 14 GG (zur Interessenabwägung insb Hambg MMR 12, 605, 606 [OLG Hamburg 18.01.2012 - 5 U 51/11]; LG Berlin MMR 14, 562, 562 f; Frankf NJW-RR 16, 656, 661 [OLG Düsseldorf 18.12.2015 - I-16 U 2/15]; LG München I MMR 19, 473, 475 f). Ansprüche des Bewerteten gegen den Portalbetreiber dürften allenfalls zu erwägen sein, wenn Letzterer eine nachweislich unzutreffende negative Äußerung trotz entsprechender Aufforderung durch den Bewerteten nicht löscht (vgl § 10 TMG) und damit zur Aufrechterhaltung der unwahren Behauptung beiträgt (s etwa LG Nürnberg-Fürth CR 12, 541, 542 ff), wenn er selbst eine negative Bewertung veranlasst hat (Schaub FS Köhler 593, 594 ff) oder wenn er positive Bewertungen ohne Prüfung grundlos löscht. Eine vorrangige Haftung nach dem UWG kommt idR nur in Betracht, wenn der Portalbetreiber Mitbewerber des Bewerteten iSd § 2 I Nr 4 UWG (dazu etwa Vonhoff MMR 12, 571, 572; Leistner FS Köhler 415, 418; Schaub FS Köhler 593, 598 f; BGH BeckRS 15, 10895 Rz 18 ff) und der Bewertete daher klagebefugt nach § 8 III Nr 1 UWG ist.

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