Rn 100

Der Boykott eines Unternehmens zu Wettbewerbszwecken ist ausschließlich nach §§ 3 I, 4 Nr 4 UWG, 21 GWB, Art 102 AEUV zu beurteilen; teilw wird dies auch bei Verfolgung außerwettbewerblicher Ziele mit wettbewerblichen Mitteln angenommen (zB Erman/Wilhelmi § 823 Rz 74 gegen BVerfGE 25, 256, 264 [BVerfG 26.02.1969 - 1 BvR 619/63]). In anderen Fällen ist – ggf neben einem Anspruch aus § 826 (§ 826 Rn 26) – ein Eingriff in das Recht am Unternehmen denkbar. Voraussetzung ist ein nicht zu Wettbewerbszwecken erfolgender Boykott. Dieser erfordert ein planmäßiges Zusammenwirken zwischen Aufrufendem und Adressaten, um ein Unternehmen vom Geschäftsverkehr auszuschließen (BGH NJW 85, 60, 61 [BGH 02.02.1984 - I ZR 4/82] mwN); hierin liegt zugleich die Betriebsbezogenheit des Eingriffs. Weiterhin ist eine Beeinflussung des freien Willens der Adressaten erforderlich (BVerfG NJW 69, 1161 [BVerfG 26.02.1969 - 1 BvR 619/63]; 83, 1181, 1182; BGH NJW 90, 1531, 1532 [BGH 10.10.1989 - KZR 22/88]); Abmahnungen oder Warnungen reichen nicht aus (BeckOGK/Spindler § 823 Rz 246 f mwN). Der Prüfungsschwerpunkt liegt auf der Güter- und Interessenabwägung (Recht auf freie Meinungsäußerung, Art 5 I GG, versus Unternehmensschutz, Art 12, 14 GG) iRd Rechtswidrigkeit. Boykottaufrufe iRd geistigen Auseinandersetzung sind grds zulässig (s etwa BGH WRP 14, 1067 Rz 17 ff; Dresd MMR 15, 552, 552 f: Boykottaufruf im Kommunalwahlkampf); die Grenze zur Unzulässigkeit wird überschritten insb bei Schmähkritik (BGHZ 45, 296, 307 f; BVerfG NJW 83, 1181, 1182), Verbreitung unwahrer Tatsachen ohne vorherige Prüfung (Frankf NJW-RR 88, 52 f [OLG Frankfurt am Main 29.01.1987 - 16 U 132/85]), Aufforderung zum Vertragsbruch (BGH NJW 85, 1620 f [BGH 29.01.1985 - VI ZR 130/83]) oder Prangerwirkung, wenn der Aufrufende zugleich eigene wirtschaftliche Interessen verfolgt (Oldbg BeckRS 14, 2306).

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