Rn 143

Gebäude, Grundstücke und Anlagen sind in Bezug auf von ihnen ausgehende Gefahren (zB durch sich ablösende Gebäudeteile – s insoweit aber auch §§ 836 ff –, umstürzende Bäume oder Bewässerungsanlagen, zu Letzteren Celle AUR 16, 221, 222 [OLG Celle 14.03.2016 - 20 U 30/13]) sowie bei Eröffnung eines Verkehrs vom bzw zum Grundstück oder Gebäude zu sichern. Der Umfang der Sicherungspflicht ist abhängig von den Umständen des Einzelfalls, insb von den konkreten Gefahren sowie von Art und Umfang des Verkehrs um das Grundstück bzw die Anlage herum und auf dem Grundstück bzw im Gebäude. ZB werden bei öffentlichen Gebäuden höhere Anforderungen gestellt als bei privaten (BGH VersR 61, 1119, 1120) und bei Neubauten höhere als bei älteren Gebäuden (BGH VersR 62, 763; Hamm VersR 97, 200; Karlsr NJW-RR 08, 341). Zudem besteht – über öffentlich-rechtliche Vorgaben hinaus – keine generelle Pflicht, alte Bauwerke an den jeweils geltenden Standard anzupassen (Kobl BeckRS 17, 146242 mwN).

 

Rn 144

Sicherungspflichtig ist der Eigentümer sowie derjenige, der die tatsächliche Gewalt über das Grundstück, Gebäude oder einen Gebäudeteil ausübt (zur Aufteilung von Verkehrspflichten zwischen Vermieter und Mieter Kobl NJW-RR 92, 797 einerseits, Hamm VersR 97, 200 f andererseits; BGH NJW 06, 2326; Schmid VersR 09, 906 ff; GE 12, 454 ff; Horst ZAP Fach 4, 1461; NZM 12, 513, 515 ff; zur Situation in Eigentumswohnungsanlagen insb Schmid GE 12, 454, 456 ff mwN).

 

Rn 145

In räumlicher Hinsicht betrifft die Sicherungspflicht das Grundstück selbst, den Grundstückszugang (allerdings grds nur den Hauptzugang, Frankf NJW-RR 22, 1613 [OLG Frankfurt am Main 08.09.2022 - 17 W 17/22]), ggf sogar angrenzende Grundstücke (Saarbr OLGR 06, 627, 628 ff). Von dem Grundstück dürfen keine Gefahren für den Verkehr und die das Grundstück Nutzenden ausgehen (RGZ 89, 120, 122; BGH NJW 66, 40 [BGH 12.10.1965 - VI ZR 92/64]; zu Sicherungspflichten bei Mäharbeiten auf einem Grundstück Frankf NJOZ 21, 1497, 1497 f); es kann aber ggf zugleich gegen unbefugte Nutzung, insb durch spielende Kinder, zu sichern sein (BGH VersR 73, 621 f; 75, 87; NJW 75, 108; der Sicherungspflichtige darf sich aber auch darauf verlassen, dass Kinder hinreichend beaufsichtigt werden, BGH NJW 94, 3348, 3349; 06, 2326 Rz 7 f, 13; 21, 1090 Rz 12 ff; VersR 21, 452 Rz 29 ff, dass Erwachsene wahrnehmbare Hindernisse auch im Blick behalten, Köln BeckRS 20, 8276: gut sichtbare, schräg an die Hauswand angelehnte Sperrholzplatte auf dem Gehweg und dass Unbefugte nicht auf unerwartete Weise mit dem Grundstück in Berührung kommen, Hamm BeckRS 21, 8025: stromführender Stacheldrahtzaun einer Viehweide, die nicht an Fuß- oder Radwege grenzt, muss nicht zusätzlich mit Blick auf dort landenden Gasballon gesichert werden). Zu sichern sind auch angrenzende Grundstücke, auf die sich vom Grundstück ausgehende Gefahren erstrecken (Bsp: Warnung vor der Gefahr von Dachlawinen im Winter, s zB Jena OLGR 08, 821 f; weitergehende Schutzmaßnahmen sind bei solcher Gefahr nur unter besonderen Umständen erforderlich, BGH VersR 55, 82, 83: hier für schneereichen Ort sogar Warnpflicht abgelehnt; Jena WuM 07, 138 f [OLG Jena 20.12.2006 - 4 U 865/05] mwN; MDR 12, 913; Naumbg NJW-RR 11, 1535, 1536 [OLG Naumburg 11.08.2011 - 2 U 34/11]; Ddorf NZM 12, 533, 533 f [OLG Düsseldorf 17.02.2012 - I-24 U 217/11]; 13, 701 [OLG Düsseldorf 06.06.2013 - I-10 U 18/13]: auch Warnpflicht abgelehnt; Hamm NZM 13, 47 [OLG Hamm 14.08.2012 - I-9 U 119/12]; Oldbg MDR 12, 1339: Warnpflicht abgelehnt; allg Schröder SVR 11, 367; Strauch NZM 12, 524; Kruljac VRR 13, 444, alle mwN). Die Sicherungspflicht erstreckt sich insb auf Wege (zur Sicherungspflicht in Bezug auf ein unverfülltes Erdloch nach dem Fällen eines Baumes mit Niveauunterschied zur Umgebung in einer Wohnanlage Karlsr r+s 19, 538), Eingänge (Grenzen: Hamm MDR 21, 940, 940 f [OLG Hamm 09.04.2021 - 7 U 76/19]), Treppen (BGH NJW 94, 945, 946; 02, 1265, 1266 [BGH 24.01.2002 - III ZR 103/01]; Mergner/Matz NJW 15, 197, 197 f mwN), Flure und Fußböden (BGH NJW 67, 154 [BGH 19.10.1966 - VIII ZR 93/64]; NJW-RR 93, 213 [BGH 15.10.1992 - III ZR 57/91]; NJW 94, 945, 946; s aber auch BGH VersR 62, 763; str, ob und wann nach der Reinigung Warnschilder aufzustellen sind, München NZM 13, 702 f mN zum Meinungsstand) sowie Aufzüge (Frankf VersR 88, 191; MDR 13, 592; Köhler/Felz NJOZ 20, 531 ff). Bäume (dazu Hötzel VersR 04, 1234 ff; Schneider VersR 07, 743 ff mwN; Otto VersR 07, 1492 ff; Weick NJW 11, 1702 ff; Duhme GE 12, 1138 ff; Drasdo NJW-Spez 14, 33 f; 17, 289; Mergner/Matz NJW 15, 197, 200 f; Lemke ZAP Fach 7, 471; Pauge BWGZ 19, 264 ff; Eusani NJW 21, 2541, 2544 ff, jew mwN; BGHZ 123, 102; 160, 18; NJW 04, 1381; VersR 17, 1162 Rz 7) sind in angemessenen zeitlichen Abständen zu überwachen, sofern keine besonderen Gefahrenanzeichen vorliegen (BGH VersR 74, 88, 89; 18, 178 Rz 13; Hamm VersR 98, 188, 189; NJW-RR 10, 1614, 1615; BeckRS 08, 9507; Rostock KommJur 09, 397; Köln BeckRS 15, 20014; Grenzen: Frankf N...

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