Rn 97

Der Inhalt einer Prozessbürgschaft nach § 108 ZPO richtet sich grds nach dem Zweck der Sicherheitsleistung und kann idR der gerichtlichen Anordnung entnommen werden (BGHZ 158, 286, 294). Grundlage ist ein selbstständiges Garantieversprechen des Prozessgegners (aaO 291 f). Die Prozessbürgschaft zur Abwendung oder Aufhebung der Zwangsvollstreckung sichert die Vollstreckungsbefugnisse des Titelgläubigers (BGHZ 163, 59, 64 ff). Deshalb kann sie unabhängig vom Bestand (oder einer schon vor Erteilung der Bürgschaft verdeckt erfolgten Abtretung, BGH aaO 66) der zu Grunde liegenden Forderung bestellt werden.

 

Rn 98

Die Bürgschaft muss nach § 108 I 2 ZPO selbstschuldnerisch (§ 239 II analog; Zö/Herget § 108 ZPO Rz 7) sein und wird idR schriftlich, unwiderruflich, unbedingt und unbefristet (s Vor § 765 Rn 16) abgegeben. Aufgrund gemeinschaftskonformer Auslegung von § 108 I 2 ZPO (vgl zB Brödermann/Iversen/Brödermann Rz 422, 483 f, 29 f) ist die zur Sicherheitsleistung verpflichtete Partei aufgrund ihrer passiven Dienstleistungsfreiheit frei, die Bürgschaft von einem Kreditinstitut aus einem anderen EU-Mitgliedstaat beizubringen (Foerste ZBB 01, 483, 483 ff unter Hinweis auf die dem Kreditinstitut zur Seite stehenden Kapitalverkehrsfreiheit; aA B/L/H/A/G/Bünnigmann § 108 Rz 15; Zö/Herget § 108 Rz 8).

 

Rn 99

Der Abschluss des Vertrages (s Rn 9) erfolgt häufig auch durch Übergabe der Bürgschaftsurkunde an den Prozessvertreter des Gläubigers (s Zö/Herget § 108 Rz 10 f, arg § 151), ggf durch Zustellung von Anwalt zu Anwalt (BGH NJW 79, 417, 418 [BGH 20.11.1978 - VIII ZR 243/77]: Zustellung einer beglaubigten Abschrift ist ausreichend). Ob diese Zustellungsform (darüber hinaus) die Fiktion nach § 132 I auslöst, ist str: vgl einerseits dafür B/L/H/A/G/Bünnigmann § 108 Rz 13 mwN; Zö/Herget § 108 Rz 11 mwN; andererseits BeckOGK/Madaus § 765 Rz 364, der allerdings darauf verweist, dass nach § 130 I der Zugang der Willenserklärung beim Prozessbevollmächtigten als Vertreter des Gläubigers ausreichen wird. Der Nachweis nach § 751 II ZPO kann durch Zustellung durch den Gerichtsvollzieher erbracht werden (BGH NJW 08, 3220 [BGH 10.04.2008 - I ZB 14/07]).

 

Rn 100

Bürgschaftserklärungen von Banken enthalten häufig eine auflösende Bedingung: Erlöschen der Bürgschaft bei Rückgabe der Urkunde. Darum sollte das Original zugestellt werden, um Missbrauch zu verhindern (vgl BGH NJW 79, 417, 418 [BGH 20.11.1978 - VIII ZR 243/77]). Eine Hinterlegungsklausel, nach der sich der Bürge vorbehält, sich von der Bürgschaft jederzeit durch Hinterlegung des Sicherheitsbetrages in bar zu befreien, ist mit § 108 ZPO vereinbar (Kobl WM 95, 1223 f [OLG Koblenz 24.03.1994 - 14 W 179/94]; LG Frankfurt JurBüro 89, 264, 265; Zö/Herget § 108 Rz 9; aA Ddorf DGVZ 90, 156 f; LG Berlin DGVZ 91, 9; B/L/H/A/G/Bünnigmann § 108 Rz 14).

 

Rn 101

Nach § 242 kann der Bürge im Einzelfall vom Gläubiger den Austausch einer bereits beigebrachten Sicherheit verlangen, wenn ihm dies schutzwürdige Vorteile und dem Gläubiger keine messbaren Nachteile bringt (BGH NJW 94, 1351, 1352 f [BGH 24.02.1994 - IX ZR 120/93]).

 

Rn 102

Anders als im Normalfall (vgl Vor § 765 Rn 41) erkennt der Prozessbürge durch die Übernahme der Prozessbürgschaft regelmäßig den Ausgang des Rechtsstreits auch als für ihn verbindlich an (BGH NJW 75, 1119, 1121 [BGH 19.03.1975 - VIII ZR 250/73]; Köln NJW-RR 89, 1396 [OLG Köln 28.02.1989 - 4 U 39/88]).

 

Rn 103

Die Prozessbürgschaft erlischt (über die Normalfälle hinaus, vgl Rn 63) insb durch gerichtliche Anordnung nach § 109 II ZPO oder § 715 I 2 ZPO. Ansprüche aus ihr verjähren in der 3-jährigen Regelfrist nach § 194 (u nicht 30 Jahre analog § 197 I Nr 3), die mit Rechtskraft des Urteils zu laufen beginnt (BGH NJW 15, 351, 352 [BGH 11.11.2014 - XI ZR 265/13] u 353).

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