I. Grundsätze.

1. Umfang der Geschäftsführung.

 

Rn 2

Zur Geschäftsführung sind nach dem Leitbild der Vorschrift alle Gesellschafter berufen. Der Begriff der Geschäftsführung wird dabei weit verstanden. Hierunter fällt jede Art, ob tatsächlich oder rechtsgeschäftlich, ob mit oder ohne Außenwirkung, von Handlungen für die Gesamthand zur Förderung des Gesellschaftszweckes mit Ausnahme sog Grundlagengeschäfte (MüKo/Schäfer § 709 Rz 10). Grundlagengeschäfte sind Handlungen, welche den Gesellschaftsvertrag ändern oder die Grundlagen der Gesellschaft betreffen, dh deren Struktur und Organisation (Erman/Westermann § 709 Rz 6; Staud/Habermeier § 709 Rz 2; MüKo/Schäfer § 709 Rz 10). Dies sind insb Beitragserhöhungen, Änderungen im Gesellschafterbestand, die Auflösung sowie Modifikationen der Geschäftsführung oder des Gesellschaftszweckes. In diesen Bereichen ist ein einstimmiger Gesellschafterbeschluss erforderlich, es sei denn, der Gesellschaftsvertrag räumt dem Geschäftsführer eine entspr Dispositionsbefugnis ein (MüKo/Schäfer § 709 Rz 10). Ab 1.1.24 sieht § 732 nF vor, dass auch unter einer gesellschaftsvertraglichen Mehrheitsklausel mindestens eine Dreiviertelmehrheit für einen Auflösungsbeschluss erforderlich ist. Das Gleiche gilt nach § 734 nF, wenn im Auflösungsstadium die Fortsetzung beschlossen wird.

2. Grundsatz der Selbstorganschaft.

 

Rn 3

Die Regeln zur Geschäftsführung werden geprägt vom Grundsatz der Selbstorganschaft. Dieser Grundsatz, welcher im Gegensatz zu den Kapitalgesellschaften für alle Personengesellschaften gilt, besagt, dass die Geschäftsführung und die organschaftliche Vertretung zwingend den Gesellschaftern vorbehalten ist (BGH WM 01, 1056; WM 94, 237, 238; aA Erman/Westermann § 709 Rz 3). Die Befugnis zur Geschäftsführung ist demnach Ausfluss der Mitgliedschaft selbst. Dies verbietet zwar nicht eine Beteiligung Dritter an der Geschäftsführung durch den Abschluss entspr Anstellungs- oder Auftragsverhältnisse dergestalt, dass diese Aufgaben der Geschäftsführung übernehmen (MüKo/Schäfer § 709 Rz 5; BRHP/Schöne § 709 Rz 4 ff). Zulässig ist sogar eine umfassende Übertragung der Geschäftsführung. Entscheidend ist aber, dass zumindest ein Gesellschafter jederzeit in der Lage ist, ebenfalls die Geschäftsführung in vollem Umfang wahrzunehmen und keine Entkoppelung der Gesellschafter von der Geschäftsführung erfolgt (BGH WM 94, 237 [BGH 20.09.1993 - II ZR 204/92]; entspr zur Bevollmächtigung Dritter Frankf FGPrax 20, 110; aA Erman/Westermann § 709 Rz 3). Da die Geschäftsführungsbefugnis des Dritten nur abgeleitet ist, ist sie auch ohne seine Mitwirkung durch die Gesellschafter frei widerrufbar. Dementsprechend finden darauf auch die für die Geschäftsführung durch Gesellschafter geltenden §§ 712, 713 keine Anwendung (MüKo/Schäfer § 709 Rz 5). Die Schaffung einer mittelbaren Fremdorganschaft ist auch durch die Übertragung der Geschäftsführung auf eine GmbH als geschäftsführende Gesellschafterin möglich (MüHdBGesR I/v Ditfurth § 7 Rz 8). Eine Ausnahme vom Grundsatz der Selbstorganschaft macht die Rspr im Bereich der Publikumsgesellschaften aufgrund ihrer eher kapitalistischen Struktur (BGH NJW 06, 2980 f; ZIP 05, 1361, 1363). Weil die initiierenden Gründungsgesellschafter die Geschäftsführung vielfach nicht übernehmen können oder wollen, ist es dort zulässig, die Geschäftsführung auch ohne Widerrufsmöglichkeit für die Dauer des Anstellungsvertrages auf einen Dritten zu übertragen, wenn die organschaftliche Geschäftsführung von Gesellschaftern gewahrt bleibt (BGH NJW 06, 2980 f [BGH 18.07.2006 - XI ZR 143/05]; MüKo/Schäfer § 709 Rz 6). Allerdings besteht ein Recht der Gesellschafter zum Widerruf der Vollmacht aus wichtigem Grund sowie zur außerordentlichen Kündigung (BGH aaO). IRd Abwicklungsgesellschaft gilt der Grundsatz der Selbstorganschaft ebenfalls nicht; auch hier kann ein Dritter durch einstimmigen Gesellschafterbeschluss zum Liquidator bestellt werden (Köln NJW-RR 96, 27; zum Ganzen Staud/Habermeier § 709 Rz 13; MüHdBGesR I/v Ditfurth § 7 Rz 8 ff).

3. Beirat.

 

Rn 4

Zur Kontrolle der Geschäftsführung können durch Gesellschaftsvertrag entspr Gremien wie zB ein Beirat begründet werden. Hat dieses Gremium Entscheidungskompetenzen in Fragen der Geschäftsführung, sind auch dafür die Grenzen des Grundsatzes der Selbstorganschaft zu berücksichtigen, dh gesellschaftsfremden Personen ist die Mitgliedschaft in diesen Instanzen grds versagt (vgl auch MüKo/Ulmer/Schäfer § 705 Rz 267).

4. Recht und Pflicht zur Geschäftsführung.

 

Rn 5

Mangels abw Regelung haben die Gesellschafter das Recht auf und die Pflicht zur Geschäftsführung. Beides ist unmittelbarer Ausfluss der Gesellschafterstellung. Aus diesem Grund handelt es sich bei Änderungen der Geschäftsführung zugleich um Änderungen des Gesellschaftsvertrages. Das Recht zur Geschäftsführung kann nur unter den Voraussetzungen der §§ 712, 713 entzogen werden, sofern der Gesellschaftsvertrag keine darüber hinausgehenden Regelungen enthält (MüHdBGesR I/v Ditfurth § 7 Rz 12). Eine Blockierung der Geschäftsführung aus gesellschaftsfremden Gründen kann die Verwirkung des Rechts begründen (BGH NJW 72, 862, 86...

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