Rn 1

§ 647 soll im Zusammenspiel mit §§ 648, 648a und 632a das erhebliche Vorleistungsrisiko des Unternehmers abmildern. Die Vorschrift gewährt ihm hierfür ein gesetzliches Pfandrecht an den zur Ausführung der Werkleistungen in seinen Besitz gelangten Sachen des Bestellers und unterscheidet sich ua darin von §§ 648, 648a, die dem Unternehmer schuldrechtliche Ansprüche auf Gewährung von Sicherheiten und die hieraus resultierenden Sekundärrechte geben. Trotz dieser Vorzüge ist die praktische Bedeutung des § 647 eher gering, weil gerade in den besonders durch wechselseitige Sicherungsbedürfnisse geprägten Bauvertragsverhältnissen der Unternehmer regelmäßig nicht in den Besitz einer im Eigentum des Bestellers stehenden beweglichen Sache gelangt.

 

Rn 2

Darüber hinaus wird der Anwendungsbereich des § 647 nach neuem Schuldrecht durch § 650 eingeschränkt, wonach auf Verträge über die Lieferung herzustellender beweglicher Sachen im Wesentlichen Kaufrecht Anwendung findet, das eine § 647 entsprechende Sicherungsmöglichkeit nicht vorsieht. Geht man mit der hier vertretenen Auffassung (s § 650 Rn 7) davon aus, dass § 650 auch die Fälle erfasst, in denen der Besteller bereits durch den Herstellungsprozess kraft gesetzlicher Regelung in § 950 Eigentum an der (überwiegend) aus von ihm beigestellten Material hergestellten Sache erlangt (s.a. Leupertz BauR 06, 1648, 1651 f), so wäre der Anwendungsbereich des § 647 faktisch auf reine Reparaturverträge (klassisches Bsp: Kfz-Reparatur) beschränkt. Daran ändert sich auch dann nichts, wenn man der – unter der Geltung des neuen Schuldrechts freilich ohnehin bedenklichen (so mit Recht: Hagen JZ 04, 713, 718 ff) – Rspr des BGH folgend (BGHZ 14, 114, 117; 20, 159, 163 f) den Besteller bei derartigen Konstellationen bereits als Hersteller iSd § 950 ansieht. Auch dann bleibt es nämlich dabei, dass der Vertrag die Lieferung einer herzustellenden beweglichen Sache zum Gegenstand hat und deshalb den Bestimmungen des § 650 unterliegt (aA offenbar: AnwK/Raab § 647 Rz 3). Allerdings wäre die Sache dann nicht als ›von ihm‹ (dem Unternehmer) hergestellt anzusehen, was § 647 jedoch ausdrücklich voraussetzt. Es erscheint gerechtfertigt, diese systemwidrige Sicherungslücke durch eine entspr Anwendung des § 647 zu schließen (ebenso: AnwK/Raab § 647 Rz 3; Staud/Peters § 647 Rz 7; aA: Hagen JZ 04, 713, 716).

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