Gesetzestext

 

Ein zwischen dem Gläubiger und einem Gesamtschuldner vereinbarter Erlass wirkt auch für die übrigen Schuldner, wenn die Vertragschließenden das ganze Schuldverhältnis aufheben wollten.

A. Bedeutung.

 

Rn 1

Die Norm befasst sich mit der Wirkung eines Erlassvertrages zwischen dem Gläubiger u einem Gesamtschuldner. Gesamtwirkung kommt dem Erlass nur zu, wenn dies dem Parteiwillen entspricht. Eine solche Vereinbarung ist eine zulässige Verfügung zugunsten Dritter. Wann ein Gesamtaufhebungswille vorliegt bzw zu vermuten ist, regelt die Norm nicht.

B. Gesamtwirkung.

 

Rn 2

Gesamtaufhebung ist zu bejahen beim Vergleich, der auf abschließende Regelung aller Ansprüche zwischen allen Beteiligten angelegt ist, im Zweifel auch dann, wenn der kontrahierende Gesamtschuldner im Innenverhältnis voll einstehen muss (Kobl OLGR 09, 768; Köln NJW-RR 92, 1398 [OLG Köln 18.05.1992 - 19 W 15/92]; Hamm NJW-RR 98, 486, 487 f). Der Erlass des Geschädigten ggü dem Schädiger wirkt auch ggü der Haftpflichtversicherung (Köln VersR 69, 1027), ein Teilungsabkommen mit Regressverzicht des Fahrzeugversicherers ggü dem Haftpflichtversicherer kommt auch dem Schädiger zugute (BGH NJW-RR 93, 1111, 1113 [BGH 25.05.1993 - VI ZR 272/92]). Ein zw dem Hersteller eines vom ›Abgasskandal‹ betroffenen Fahrzeugs u dem Kunden abgeschlossener Vergleich mit dem Ziel der umfassenden Entschädigung schließt idR Ansprüche ggü dem Händler aus (Braunschw BeckRS 22, 12087). Dagegen wirkt ein Verzicht ggü der Tochter nach Scheidung der Ehe nicht zugunsten des ehemaligen Schwiegersohns (Kobl NJW-RR 03, 73 [OLG Koblenz 10.10.2002 - 5 U 273/02]), ein zwischen Anleger u Anlageinitiator vereinbarter Abfindungsvergleich nicht zugunsten des Anlageberaters (Celle OLGR 02, 84).

C. Einzelwirkung.

 

Rn 3

Einzelwirkung iS eines pactum de non petendo tritt ein, wenn nur die Entlassung des Vertragspartners aus der Haftung bezweckt wird, die anderen Gesamtschuldner aber weiterhin in voller Höhe in Anspruch genommen werden sollen; bei Inanspruchnahme der anderen Gesamtschuldner durch den Gläubiger stehen diesen weiterhin Ausgleichsansprüche gg den vertragsschließenden Gesamtschuldner zu (BGH NJW 86, 1097, 1098). Der BGH geht bei Fehlen besonderer Anhaltspunkte von Einzelwirkung aus (BGHZ 192, 182; NJW 00, 1942, 1943; NJW-RR 05, 34, 35 f; krit Danwerth NJW 17, 2869).

D. Beschränkte Gesamtwirkung.

 

Rn 4

Möglich ist auch, dass der vertragsschließende Gesamtschuldner endgültig freigestellt wird, der Gläubiger aber weiterhin Ansprüche gg die übrigen Gesamtschuldner behält, allerdings gekürzt um die auf den Begünstigten im Innenverhältnis entfallende Quote; ein Regress gg diesen scheidet aus (BGH NJW 00, 1942, 1943). Beschränkte Gesamtwirkung ist gewollt, wenn in einem Vergleich zwar nur die Schuld des Vertragspartners, diese aber insgesamt erledigt werden soll (Bremen NJW-RR 98, 1745; Köln NJW-RR 94, 1307; Oldbg VersR 92, 956); ferner bei einem Teilungsabkommen zwischen Sozialversicherungsträger u Haftpflichtversicherung (BGH MDR 77, 36; Denck NJW 82, 2048, 2052 ff) oder bei der Entlassung eines von zwei Mietern aus dem Mietvertrag bei gleichzeitiger Anmietung einer anderen Anl desselben Vermieters (Oldbg MDR 00, 20 [OLG Oldenburg 02.06.1999 - 2 U 37/99]).

E. Besonderheiten bei Personengesellschaften.

 

Rn 5

Zwischen Gesellschaft u persönlich haftendem Gesellschafter besteht kein echtes Gesamtschuldverhältnis (s § 421 Rn 10). Aufgrund der Akzessorietät der Gesellschafterschuld ist ein Erlass ggü einer Personengesellschaft unter Fortbestehen der Gesellschafterschuld wirkungslos, es sei denn, der Gesellschafter stimmt zu (BGHZ 47, 376, 378 ff, WM 75, 974); umgekehrt ist ein Erlass ggü dem Gesellschafter bei Fortbestehen der Forderung gg die Personengesellschaft aber möglich (BGH BB 71, 975).

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