Gesetzestext

 

Mit Ausnahme von Artikel 7 berührt diese Verordnung nicht die Anwendung von Vorschriften des Gemeinschaftsrechts, die in besonderen Bereichen Kollisionsnormen für vertragliche Schuldverhältnisse enthalten.

A. Nachrangigkeit der ROM I gegenüber besonderen Kollisionsnormen unionsrechtlichen Ursprungs.

 

Rn 1

Art 23 regelt das Verhältnis zwischen dem unionsrechtlichen IPR in der ROM I und anderen (ggf künftigen) unionsrechtlichen ›Vorschriften‹ zum internationalen Schuldvertragsrecht: Der Anwendungsbereich dieser Vorschriften – die man als lex specialis wird begreifen müssen – wird durch ROM I nicht berührt (vgl Erw 40). Ausn: Nur im Versicherungsrecht greift Art 7 in den Bereich des harmonisierten internationalen Versicherungsrechts ein (s Art 7 Rn 1).

B. Harmonisiertes IPR im AEUV.

 

Rn 2

Der Begriff ›Vorschriften‹ (engl ›provisions‹, frz ›dispositions‹) ist weit gefasst und schließt insb auch Kollisionsnormen in Richtlinien, dh harmonisiertes IPR (Brödermann/Iversen/Brödermann Rz 65), ein. Es gilt in seiner nach Art 288 II AEUV in nationales Recht umgesetzten Fassung weiter. Ein prominentes Bsp sind die in Art 46b IV EGBGB (ex Art 29a EGBGB, www.pww-oe.de) genannten Verbraucherschutzrichtlinien (MüKoIPR/Martiny Art 23 Rz 16 ff). Erw 40 erwähnt die ECommerceRL, umgesetzt in § 3 TMG (s Brödermann/Rosengarten/Brödermann 8. Aufl Rz 398). Art 12 der Richtlinie 93/7/EWG vom 15.3.93 über die Rückgabe von unrechtmäßig aus dem Hoheitsgebiet eines Mitgliedsstaats verbrachten Kulturgütern (ABl 1993 L 74/74), umgesetzt in §§ 4 I, VIII KulturgüterrückgabeG, ist hingegen nicht internationalprivatrechtlich zu begreifen, da der Rückgabeanspruch öffentlich-rechtlich zu qualifizieren ist (MüKoIPR/Martiny Art 23 Rz 18; NK-BGB, Bd. 6, Hüßtege/Mansel/Leible Art 23 Rz 10). S.a. Art 46c und 46d EGBGB.

 

Rn 3

Das Nebeneinander von ROM I und weiteren IPR-Regelungen im harmonisierten Schuldrecht kann in der Praxis zu Spannungen führen, die die von ROM I angestrebten Ziele des ›reibungslosen Funktionierens des Binnenmarkts‹ (Erw 1) und der ›Sicherheit in Bezug auf das anzuwendende Recht‹ (Erw 6) behindern. Abstrakt ist jedoch schwer ein Fall vorstellbar, bei dem trotz Günstigkeitsvergleichs (arg Erw 23) etwa die Anwendung von Art 46b EGBGB zu mehr Verbraucherschutz führt als die vorrangige (Reithmann/Martiny/Martiny Rz 35.115) Anwendung von Art 3 III und 4 sowie Art 6 ROM I.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge