Rn 20

Sie ist nach I die idR eintretende Rechtsfolge. Sie soll ›verlangt werden können‹. Damit entscheidet der Gesetzgeber die alte Streitfrage, ob die Änderung von selbst eintritt oder erst verlangt werden muss, im zweiten Sinn. Es liegt also in der Hand der benachteiligten Partei, ob sie die Folgen der Grundlagenstörung geltend machen will (ebenso wie bei Rücktritt oder Kündigung nach III). Das passt auch zu § 275 II, III, der im gleichen Sinn mit einer Einrede arbeitet. Zugleich ermöglicht die Vertragsanpassung im Einzelfall sachgerechte Lösungen.

 

Rn 21

Der Anspruch auf Vertragsanpassung braucht aber nicht zuvor geltend gemacht zu werden, etwa durch eine Klage auf Zustimmung zu einer geforderten Vertragsänderung. Vielmehr soll unmittelbar auf die angepasste Leistung geklagt werden können (BTDrs 14/6040, 176 und die ganz hM; auch Heinrichs FS Heldrich [05], 182, 198; zum Ganzen Loyal AcP 214, 746). Das ist der Anspruch aus der Anpassung. Ob daneben der Anspruch auf Anpassung eigens eingeklagt werden kann, ist zweifelhaft. Es wird wohl zu differenzieren sein:

 

Rn 22

Wird lediglich die Anpassung des Vertrags zum Gegenstand der Klage gemacht, so kann hierfür ein schützenswertes rechtliches Interesse bestehen, etwa bei längerfristigen Verträgen. Entspricht der Antrag nicht den Voraussetzungen des I, so ergibt sich daraus wegen eines möglicherweise unbestimmten Klageantrags ein Kostenrisiko (dazu jurisPK/Pfeiffer Rz 82 f; eingehend auch Lüttringhaus AcP 213, 266, 285 ff). Wird indessen die Mitwirkung des anderen Teils an der Anpassung des Vertrags begehrt, so dürfte in aller Regel das Rechtsschutzbedürfnis zu verneinen sein (aA MüKo/Finkenauer Rz 122; auch Heinrichs aaO, nach dem sich der Kläger zunächst um eine Einigung mit dem Beklagten bemüht haben soll; ebenso Riesenhuber BB 04, 2697, 2699). BGHZ 191, 139 (s dazu Stürner LMK 12, 334935) geht von einer eigenständigen Mitwirkungspflicht der anderen Vertragspartei aus, deren Durchsetzung allerdings durch die gerichtliche Geltendmachung des Anspruchs auf Anpassung erfolgen soll. § 313 gibt folglich keinen einklagbaren Anspruch auf Neuverhandlungen (näher Stürner Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Schuldvertragsrecht 10, 264 ff; Thole JZ 14, 443; Grigoleit in FS Singer 21, 205; anders mit beachtlichen Argumenten Lüttringhaus AcP 213, 266, 281 ff). Der BGH (aaO) misst jedoch der fehlenden Mitwirkung der anderen Vertragspartei den ›objektiven Erklärungswert‹ bei, ›mit dem Vorschlag der Gegenseite (Rückabwicklung) einverstanden zu sein‹, mithin geht er in der Sache vom (konkludenten) Abschluss eines Aufhebungsvertrags aus. Die Annahme eines solchen Erklärungswertes ist jedoch zweifelhaft (kritisch auch Teichmann JZ 12, 421, 422; Looschelders JA 12, 704, 705 [BGH 30.09.2011 - V ZR 17/11]).

 

Rn 23

Nach der Konzeption von BGHZ 191, 139 ist die Verletzung der Mitwirkungspflichten des anderen Teils an der begehrten Vertragsanpassung Pflichtverletzung iSd § 280 I, die iVm § 286 Schadensersatzansprüche insb hinsichtlich vorprozessualer Anwaltskosten auszulösen geeignet ist (ebenso etwa Riesenhuber BB 04, 2697, 2699). Dies erscheint zumindest zweifelhaft (s.a. jurisPK/Pfeiffer Rz 79; Thole JZ 14, 443, 448 f). Faktisch zwingen sie den anderen Teil auch zur Mitwirkung an Verhandlungen, deren Erfolg von vornherein unsicher ist. Unklar ist weiter, welche Mindestanforderungen an eine solche Mitwirkung zu stellen sind. Zudem geht der BGH selbst davon aus, dass die Mitwirkungspflicht unmittelbar durch die Geltendmachung des Anspruchs auf Anpassung zu verwirklichen ist, mithin nicht selbstständig einklagbar und unabhängig von der Mitwirkung der anderen Partei sein soll. Das prozessuale Kostenrisiko bei einem sofortigen gerichtlichen Anpassungsverlangen mag genügen, um die intendierte Verhandlungslösung zu erreichen (s.a. Teichmann JZ 12, 421, 422 f [BGH 30.09.2011 - V ZR 17/11]).

 

Rn 24

Entspr wie der Kläger muss auch der durch die Grundlagenstörung benachteiligte Beklagte behandelt werden: Er muss sich durch Einrede wehren können, wenn von ihm etwas verlangt wird, was er nach der Anpassung nicht zu leisten bräuchte (näher MüKo/Finkenauer Rz 125; Wieser JZ 04, 654, 655 f).

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