Rn 54

Ein zum Verlust eines Vertragsschlusses führendes Fehlverhalten kommt schließlich auch bei Ausschreibungen in Betracht. Hier enthalten die §§ 97 ff GWB für öffentliche Auftraggeber umfangreiche Verhaltensregeln. Dort sieht § 126 GWB beim Verstoß gegen eine unternehmensschützende Vorschrift für den Verlust einer ›echten Chance‹ (gibt es auch unechte?) auf den Zuschlag einen Ersatzanspruch vor. Umfassen soll dieser die Kosten der Vorbereitung des Angebots oder der Teilnahme an dem Vergabeverfahren. Nach 2 der Norm sollen aber weiterreichende Ansprüche unberührt bleiben. Dazu gehören auch Ansprüche auf das positive Interesse (vgl Ackermann ZHR 164, 394 und die drei Entscheidungen in BGHZ 139, 259; 273; 280; einschr aber BGH NJW 04, 2165 [BGH 16.12.2003 - X ZR 282/02]: Der ausgeschriebene Auftrag muss wirklich einem Dritten erteilt worden sein; ebenso BGH MDR 20, 1054 [BGH 03.07.2020 - VII ZR 144/19] Rz 41). Ein Anspruch auf Schadensersatz kann auch demjenigen zustehen, dem im fehlerhaften Vergabeverfahren der Zuschlag erteilt worden ist (BGH VersR 10, 1092). Nach BGH ZIP 11, 2026 stützt sich der Schadensersatzanspruch des Bieters nach Aufhebung des fehlerhaften Vergabeverfahrens nicht mehr darauf, dass er auf die Einhaltung der Vorschriften durch den Auftraggeber vertraut hat, sondern auf die Verletzung von Rücksichtnahmepflichten durch Missachtung der Vergabevorschriften. Ein Anspruch, bestimmte Handlungen in etwaigen künftigen Vertragsverhandlungen (Ausschreibungen) zu unterlassen, kann aus cic nicht hergeleitet werden (BGH WM 13, 1140 Rz 16).

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