Gesetzestext

 

1Die Verjährung von Ansprüchen wegen Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung ist bis zur Vollendung des 21. Lebensjahrs des Gläubigers gehemmt. 2Lebt der Gläubiger von Ansprüchen wegen Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung bei Beginn der Verjährung mit dem Schuldner in häuslicher Gemeinschaft, so ist die Verjährung auch bis zur Beendigung der häuslichen Gemeinschaft gehemmt.

A. Anwendungsbereich.

 

Rn 1

§ 208 dient dem Opferschutz (BGH 5.4.16 – VI ZR 283/15 Rz 20). Die Norm gilt für alle Ansprüche aus der Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung, damit insb für solche aus § 823 I, § 823 II iVm § 174 ff StGB, § 825; ein Verstoß gegen die §§ 174 ff StGB ist nicht Voraussetzung (Nürnbg 22.11.13 – 14 W 1107/13). Sie steht aber nicht entgegen, dass eine Restschuldbefreiung einen Schadensersatzanspruch wegen Verletzung sexueller Selbstbestimmung bei verspäteter Anmeldung umfasst (BGH aaO Rz 22).

B. Voraussetzungen.

 

Rn 2

§ 208 setzt im Gegensatz zu § 207 kein persönliches Verhältnis voraus, sondern stellt allein auf die Person des Geschädigten ab. Beim Anspruchsgegner kann es sich auch um einen fremden Dritten handeln. Die Verjährungshemmung besteht jedenfalls bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres (= 21. Geburtstag; § 187 II 2) des Opfers (S 1).

 

Rn 3

Entscheidend für das Vorliegen einer häuslichen Gemeinschaft (vgl § 1567 Rn 2) iSv S 2 sind die tatsächlichen Verhältnisse, insb das Wohnen in einer gemeinsamen Wohnung. Nicht dauernde Unterbrechungen sind unerheblich. Die Hemmung dauert – unabhängig vom Alter des Opfers – bis zur Beendigung der häuslichen Gemeinschaft fort (ggf kann dann S 1 greifen). ›Beginn der Verjährung‹ in S 2 meint entspr dem Wortlaut im Bereich der Ultimo-Verjährung (§ 199 I) den Ablauf des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und wenigstens grob fahrlässige Unkenntnis vorlag (Staud/Peters/Jacoby Rz 6; aA NK/Mansel/Budzikiewicz Rz 22: genauer Tag); anderes gilt bei den objektiven Verjährungsfristen (§ 199 II–IV). Nach S 2 muss auch bei unter 21-Jährigen die häusliche Gemeinschaft schon bei Verjährungsbeginn gegeben sein; wird sie erst danach begründet, greift S 2 nicht (Staud/Peters/Jacoby Rz 6; aA MüKo/Grothe Rz 7: analoge Anwendung).

C. Altansprüche.

 

Rn 4

Der durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz neu eingeführte Hemmungstatbestand erfasst auch zum 1.1.02 noch nicht verjährte Altansprüche (Hamm NJW 06, 2498 [OLG Hamm 02.05.2006 - 6 W 8/06]).

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