Rn 10

Ein nachträglicher Erwerb liegt vor, wenn der Verfügende nachträglich Eigentümer der veräußerten Sache oder Gläubiger der abgetretenen Forderung wird. In entspr Anwendung von II 1 Alt 2 wird die Verfügung eines Berechtigten wirksam, wenn er ohne Verfügungsmacht gehandelt hat und diese nachträglich zB im Falle der Aufhebung eines Insolvenzverfahrens wiedererlangt (BGH NJW ZIP 06, 479 Rz 20). Nicht ausreichend ist hingegen, dass der Nichtberechtigte die Verfügungsmacht kraft Amtes etwa als Testamentsvollstrecker oder Insolvenzverwalter erlangt. Der Nichtberechtigte kann in diesem Fall die Verfügungen nur nach II 1 Alt 1 genehmigen. Für diese Ansicht spricht, dass die Konvaleszenz nicht zu Lasten eines fremden Vermögens gehen soll (BGH ZIP 99, 447, 450 f; str). Erforderlich für eine Heilung nach II 1 Alt 2 ist, dass die Wirksamkeit der Verfügung noch in der Schwebe ist, also noch nicht durch eine Genehmigungsverweigerung oder kraft gesetzlicher Anordnung endgültig unwirksam geworden ist (BGHZ 125, 355, 360; aA Habersack JZ 91, 70, 72 f) und dass der Nichtberechtigte mit dem Erwerb auch die Verfügungsbefugnis für die getroffene Verfügung erlangt (BGHZ 36, 329, 334). Hieran fehlt es, wenn dem Nichtberechtigten beim Erwerb die Verfügungsmacht entzogen ist oder er den Gegenstand nicht als voll Berechtigter, sondern nur als Mitberechtigter erwirbt (BeckOKBGB/Bub Rz 13). Der Erwerb durch Konvaleszenz ist grds nicht insolvenzfest (BGH WM 09, 51 Rz 13), es sei denn, der Insolvenzschuldner verfügt über einen Gegenstand, der aus einer gem § 135 II 1 InsO freigegebenen Tätigkeit herrührt (BGH WM 13, 1129 Rz 15 ff). Handelt es sich um eine vollstreckungsrechtliche Verfügung, setzt ihre nachträgliche Wirksamkeit voraus, dass die sonstigen Voraussetzungen der hoheitlichen Vollstreckungshandlung noch bestehen (BGH ZIP 06, 479 Rz 20). Problematisch ist das Wiederaufleben unter der insolvenzrechtlichen Rückschlagsperre (§ 88 InsO) erlangter Sicherungen, die nach der Rspr des BGH absolut unwirksam sind (BGH ZIP 06, 479 Rz 10 ff; BGHZ 130, 347, 353 ff für § 7 III 1 GesO; aA für Entstehung einer Eigentümergrundschuld analog § 868 ZPO Böttcher NotBZ 07, 86, 87). Dennoch kann die Zwangssicherungshypothek ohne Neueintragung, aber mit verändertem Rang zB bei einer Freigabe des Grundstücks durch den Insolvenzverwalter analog II 1 Alt 2 wirksam werden, wenn sie als Buchposition erhalten ist (BGH ZIP 06, 479 Rz 23 f; abl Böttcher NotBZ 07, 86, 88 ff; Keller ZIP 06, 1174, 1177; Demharter Rpfleger 06, 253, 257). Diese auf die Ausnutzung einer Buchposition gestützte Rspr ist auf durch die Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen erlangte Sicherungen nicht übertragbar. Insoweit bleibt es vielmehr bei deren endgültiger Unwirksamkeit ohne Heilungsmöglichkeit (BGHZ ZIP 80, 23, 24 zu §§ 28, 104 VerglO; BGHZ 130, 347, 349 zu 7 III 1 GesO). Das Verbot in § 89 I InsO steht im Falle einer Freigabe des Verfügungsgegenstandes durch den Insolvenzverwalter einer Konvaleszenz nicht entgegen (BGH ZIP 06, 479 Rz 26 ff; krit Keller aaO, 1178). Str ist, ob die Heilung durch Erwerb voraussetzt, dass im Zeitpunkt des Erwerbs ein schuldrechtlicher Anspruch des Begünstigten gegen den Nichtberechtigten auf den Verfügungserfolg (noch) besteht (Rechtsgrundabhängigkeit der Konvaleszenz). Das ist nach zutreffender Auffassung zu verneinen, weil dieses Erfordernis dem Abstraktionsprinzip des BGB widerspricht und bei der Beratung des BGB ausdrücklich abgelehnt wurde (BeckOKBGB/Bub Rz 13). Liegen die Voraussetzungen des II 1 Alt 2 vor, wird die Verfügung ohne Rückwirkung ab dem Zeitpunkt des Erwerbes (ex nunc) wirksam (BGH WM 78, 1406, 1407). Der Erwerb erfolgt im Wege eines Durchgangserwerbs durch die Person des Nichtberechtigten, dh dieser wird für eine logische Sekunde Inhaber des Rechts, über das er verfügt hat (BGHZ 20, 88, 101). Str ist, ob auch die Zulässigkeit einer Verfügung über ein künftiges Recht, insb die Vorausabtretung von Forderungen auf einer entspr Anwendung von II 1 Alt 2 beruht und deshalb ein Durchgangserwerb in der Person des Verfügenden stattfindet (s § 398 Rn 14). Analog II 1 Alt 2 erstarken Verfügungen, die der Schuldner vor Insolvenzeröffnung getroffen hat, mit Insolvenzeröffnung als gültig (BGHZ 222, 165 Rz 40).

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