Gesetzestext

 

(1) Für zwei Personen, die in einer verfestigten Lebensgemeinschaft in einem gemeinsamen Haushalt leben, gelten die Vorschriften dieses Untertitels über die Annahme eines Kindes des anderen Ehegatten entsprechend.

(2) Eine verfestigte Lebensgemeinschaft im Sinne des Absatzes 1 liegt in der Regel vor, wenn die Personen

1. seit mindestens vier Jahren oder
2. als Eltern eines gemeinschaftlichen Kindes mit diesem

eheähnlich zusammenleben. Sie liegt in der Regel nicht vor, wenn ein Partner mit einem Dritten verheiratet ist.

(3) Ist der Annehmende mit einem Dritten verheiratet, so kann er das Kind seines Partners nur allein annehmen. Die Einwilligung des Dritten in die Annahme ist erforderlich. § 1749 Absatz 1 Satz 2 und 3 und Absatz 2 gilt entsprechend.

A. Grundlagen.

 

Rn 1

Die Norm wurde aufgrund des Gesetzes zur Umsetzung der Entscheidung des BVerfG vom 26.3.19 zum Ausschluss der Stiefkindadoptionen in nichtehelichen Familien vom 19.3.20 (BGBl I 2020, 541) neu eingeführt. Sie eröffnet Personen in verfestigter Lebensgemeinschaft die Möglichkeit der Adoption eines Kindes ihres Partners (Stiefkindadoption) durch eine Generalverweisung. IÜ gelten die allg Vorschriften für die Annahme eines Minderjährigen. So muss nach § 1741 I die Annahme dem Wohl des Kindes dienen und zu erwarten sein, dass zwischen dem Annehmenden und dem Kind ein Eltern-Kind-Verhältnis entsteht; kindeswohlfremde Motive führen zur Ablehnung des Antrages (zB bei Annahme lediglich dem neuen Partner zuliebe oder aus aufenthaltsrechtlichen Gründen – vgl BRDrs 577/19, 9).

 

Rn 2

Damit wird diesen Paaren die Adoption eines Kindes des einen Partners in der Weise ermöglicht, dass die Verwandtschaftsbeziehung zum bisherigen Elternteil nicht erlischt. Auch gleichgeschlechtliche Paare können nicht nur in einer ›lebenspartnerschaftsähnlichen‹, sondern auch in einer eheähnlichen Gemeinschaft leben und werden von der Neuregelung erfasst.

 

Rn 2a

Die Verweisung erfasst auch § 1742 und ermöglicht somit die Sukzessivadoption in nichtehelichen Partnerschaften, denn es ist kein sachlicher Grund erkennbar, der Ungleichbehandlungen rechtfertigt, die mit einem Ausschluss dieser Adoptionsmöglichkeit verbunden wären (vgl die Entscheidung des BVerfG zur Sukzessivadoption durch Lebenspartner v 19.2.13 – 1 BvL 1/11).

B. Regelungsumfang.

I. Verfestige Lebensgemeinschaft (Abs 1).

 

Rn 3

Die Norm gibt in einer verfestigten Lebensgemeinschaft lebenden Partnern die Möglichkeit der Annahme eines Kindes, sofern ein gemeinsamer Haushalt besteht. Zwar findet sich das Tatbestandsmerkmal einer verfestigten Lebensgemeinschaft bereits in § 1579 Nr 2, dort ist der Begriff allerdings weiter gefasst. Abweichend von der weiten Auslegung des Begriffs in § 1579 Nr 2, wonach auch Paare erfasst sein können, die keinen gemeinsamen Haushalt führen, sind solche nach dem einschlägigen Wortlaut der Norm nicht erfasst. Denn abweichend vom Unterhaltsrecht ist im Adoptionsrecht nicht das gemeinsame Wirtschaften, sondern die Übernahme gemeinsamer Verantwortung für ein Kind entscheidend. Es kommt somit auf das tatsächliche Zusammenleben und nicht etwa auf einen nur formell bestehenden gemeinsamen Wohnsitz an. Bei zwei Personen, die aufgrund beruflicher Mobilität mehrere Haushalte führen, wird das tatsächliche Zusammenleben im Einzelfall besonders zu prüfen sein. Instabile Verhältnisse sollen verhindert werden; die Lebensgemeinschaft soll vergleichbar einer Ehe verfestigt sein (BTDrs 577/19, 9, 10).

 

Rn 4

Die Lebensgemeinschaft muss auf Dauer angelegt sein, daneben keine weitere Lebensgemeinschaft gleicher Art zulassen und sich durch innere Bindungen auszeichnen, die ein gegenseitiges Einstehen der Partner füreinander begründen, also über die Beziehungen in einer reinen Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft hinausgehen (BVerfG, Urt. 17.11.92 – 1 BvL 8/87). Dabei setzt die Verfestigung in zeitlicher Hinsicht nicht nur das Bestehen der Beziehung bereits über einen längeren Zeitraum in der Vergangenheit voraus, sondern beinhaltet mit der Erwartung, sie werde auf Dauer Bestand haben, auch ein in die Zukunft gerichtetes Stabilitätselement.

II. Regelbeispiele (Abs 2).

 

Rn 5

Der Systematik der §§ 1600 III 2, 1685 II 2 folgend nennt II 1 zwei Regelbeispiele, in denen von dem Vorliegen einer solchen Gemeinschaft auszugehen ist. Dies ist zum einen der Fall, wenn die Partner bereits seit mindestens 4 Jahren eheähnlich zusammenleben und einen gemeinsamen Haushalt führen (Nr 1), und zum anderen, wenn sie Eltern eines gemeinsamen Kindes sind und mit diesem eheähnlich zusammenleben (Nr 2). Diese Regelbeispiele sind kein abschließender Katalog. Im Einzelfall kann eine verfestigte Lebensgemeinschaft auch vorliegen, wenn kein Regelbeispiel vorliegt, bspw bei kürzerem Zusammenleben als 4 Jahren, aber längerer Beziehungsdauer und/oder sonstigen konkreten Anhaltspunkten für eine Gemeinschaft im oben definierten Sinne. Es muss im jeweiligen Einzelfall geprüft werden, ob Anhaltspunkte für ein Abweichen vom Regelfall vorliegen (BTDrs 19/15618, 14).

 

Rn 6

[nicht besetzt]

 

Rn 7

Nach der ausdrücklichen Regelung des II 2 ist eine verfestigte Lebensgeme...

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