Rn 14

Gemeinsame Sorge. ›Die Änderung ist weder mit dem Interesse eines beteiligten Elternteils noch ausschließlich mit einem entsprechenden Wunsch des Kindes zu begründen. Daher ist der inzwischen nicht mehr bestehende Wille eines Elternteils, das Sorgerecht gemeinsam auszuüben, für sich allein unbeachtlich. Einer solchen Erklärung kommt nur dann entscheidungserhebliche Bedeutung zu, wenn sie Ausdruck einer inzwischen eingetretenen Entwicklung ist, die nach einer Änderung der gemeinsamen Sorge durch gerichtliche Entscheidung im Interesse des Kindes dringend verlangt.‹ (Karlsr FamRZ 98, 1046). Allein die Tatsache, dass der Vater bei gemeinsamer Sorge der Eltern sich nicht in ausreichendem Maß um das Wohl der Kinder aktiv bemüht und nicht weitergehend Verantwortung übernimmt, rechtfertigt noch nicht die Abänderung und Übertragung der Alleinsorge auf die Mutter, wenn nicht ersichtlich ist, dass sich durch die beantragte Sorgerechtsänderung die Situation für die Kinder verbessern würde (Frankf FamRZ 96, 889). Ob bei entsprechender Konstellation bei einer Erstentscheidung die Beibehaltung der gemeinsamen elterlichen Sorge in Betracht käme, ist unerheblich.

 

Rn 15

Kindeswille. Der ausgeprägte Wunsch eines 11-jährigen Kindes, der keine momentane Einstellung, sondern eine zeitlich überdauernde Wunschbekundung darstellt, kann entscheidender Grund für eine Sorgerechtsänderung sein. Dabei ist der Kindswille nicht nur Ausdruck der stärksten Personenbindung, sondern mit zunehmendem Alter auch ein immer mehr zu beachtender Akt der Selbstbestimmung (Brandbg FamRZ 10, 1993, 1994). Die Entscheidung nach § 1696 ist aber allein am Kindeswohl auszurichten, nicht an den Interessen der Eltern und auch nicht an einem entspr Wunsch des Kindes (vgl BGH FamRZ 20, 252; Hamm FamRZ 88, 1313, 1314; BVerfG FamRZ 15, 210, 211 f). Die Abänderung einer Sorgerechtsentscheidung setzt aber den Antrag eines Elternteils voraus; der des Kindes genügt nicht (Karlsr FamRZ 20, 1378 m Anm Hammer).

 

Rn 16

Der Prüfungsmaßstab ist bei der Abänderungsentscheidung nach § 1696 streng: Die Vorteile der Neuregelung müssen bei fehlendem Einvernehmen der Eltern die mit der Änderung verbundenen Nachteile unter dem Gesichtspunkt der Erziehungskontinuität deutlich überwiegen. Geänderte Gesetze rechtfertigen für sich allein keine Abänderung (Karlsr OLGR 00, 383). ›Ein Abänderungsgrund ist nicht allein in dem Inkrafttreten des KindRG zu sehen, sondern die gemeinsame Sorge muss bei Ablehnung durch einen Elternteil zu einer tatsächlichen Verbesserung der Situation des Kindes führen. Das Bestehen eines Konsenses der Eltern über Entscheidungen von erheblicher Bedeutung reicht dazu nicht aus.‹ (Braunschw FamRZ 02, 121).

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