Rn 32

Das FamG soll die Ausgestaltung des Umgangs konkret und umfassend regeln (vgl Hambg: Teilentscheidung unzulässig). Dazu gehört insb die Bestimmung von Art, Ort, Zeit, Dauer, Häufigkeit, Übergabemodalitäten (Holen und Bringen des Kindes), Ferien- und Feiertagsumgang, Ausfall- und Nachholungsregeln (Brandbg FamRZ 10, 1925, 1926; Saarbr FamRZ 14, 402) und evtl Überwachungsmaßnahmen (vgl München FamRZ 03, 55; Stuttg FamRZ 07, 1682). Umgangskontakte können nicht davon abhängig gemacht werden, dass die umgangsberechtigte Person gg das Corona-Virus geimpft ist (Nürnbg FamRZ 21, 1123). Der Umgang kann trotz Corona-Pandemie ohne Atemschutzmaske gestattet werden (AG Köln FamRZ 21, 110 bei 2-Jährigem). Das Gericht kann sich nicht darauf beschränken, das Umgangsrecht lediglich dem Grunde nach einzuräumen, auch nicht bei Umgangspflegschaft (Saarbr FamRZ 15, 1928; Frankf FamRZ 21, 1718: Teilentscheidung unzulässig). Vielmehr ist es gehalten, eine Umgangsregelung mit durchsetzbarem Inhalt zu treffen, die vollständig, vollziehbar und vollstreckbar sein muss (Frankf FamRZ 99, 617, 618; 08, 1372; 10, 740; vgl Kobl FamRZ 07, 1682; Oldbg FuR 09, 645; FamRZ 10, 44, 45; Saarbr FamRZ 10, 1922; 11, 826; 12, 646, wonach vAw auch die Umgangsverpflichtung zum Ausdruck kommen muss – zweifelhaft; FamRZ 14, 402; Köln FamRZ 11, 827; Ausnahme nach KG FamRZ 11, 122, wenn 16-Jähriger Umgang von seinen Vorstellungen abhängig machen will). Dies gilt aber nur für eine gerichtliche Entscheidung (vgl Brandbg FamRZ 09, 131, 132: Anfechtbarkeit einer gerichtlich gebilligten nicht vollstreckungsfähigen Umgangsvereinbarung). Kommt dagegen unter maßgeblicher Mitwirkung des Gerichts eine Umgangsvereinbarung zu Stande, brauchen die Einzelheiten der Ausübung des Umgangsrechts nur insoweit geregelt werden, als dies zur Beilegung des Streits der Beteiligten erforderlich ist. Die Auflage, sicherzustellen, dass das Kind während der Umgangskontakte in Gegenwart von einem im Haushalt lebenden Hund nicht unbeaufsichtigt ist, geht der Anordnung der Abwesenheit des Hundes vor (vgl Frankf FamRZ 21, 359).

 

Rn 33

Bei der Regelung des Umgangs ist das FamG weder an Anträge gebunden noch wird es durch diese in seinen Gestaltungsmöglichkeiten begrenzt (vgl BGHZ 51, 2). Es darf einen Antrag auch nicht einfach ablehnen, sondern muss eine konkrete abweichende Regelung treffen, notfalls den Umgang konkret einschränken oder ausschließen (BGH FamRZ 94, 158, 160; BVerfG FamRZ 05, 1815 f; Naumbg: FamRZ 09, 1417, 1418; Frankf FamRZ 16, 482; Schlesw FamRZ 18, 696; anders Kobl FamRZ 17, 1844 m abl Anm Hammer bei bereits richtiger Umgangswahrnehmung). Etwas anderes gilt aber, wenn der Umgangsberechtigte ein ›Weniger‹ nicht will (BGH FamRZ 05, 1471; Karlsr FamRZ 06, 1868; Frankf FamRZ 22, 358 aA KG FamRZ 16, 1780).

 

Rn 34

Ungeachtet der Berücksichtigung der Interessen der Eltern ist das Wohl des Kindes die oberste Richtschnur (s.o. Rn 1). Dabei können die Kriterien der Kindeswohlprüfung, die bei der Sorgerechtsentscheidung heranzuziehen sind (s § 1671 Rn 30 ff), in modifizierter Form angewandt werden. So wird der Gedanke des Förderungsgrundsatzes für die Bestimmung von Dauer und Häufigkeit des Umgangs eine Rolle spielen. Gleiches gilt für die Bindungen des Kindes, wobei zu beachten ist, dass das Umgangsrecht auch dazu dienen soll, Bindungen erst wachsen zu lassen. Geschwisterbindungen sollten grds dadurch Rechnung getragen werden, dass insb die Kinder, die sonst nicht zusammenleben, den Umgang gemeinsam verbringen (vgl Staud/Rauscher § 1684 Rz 181). Der Kindeswille steht beim Umgangsrecht besonders im Vordergrund, weil das Kind hinsichtlich der konkreten Ausgestaltung des Umgangs mehr Wünsche und Vorstellungen hat und auch äußert als dies beim Sorgerecht der Fall ist. Der Wille des Kindes ist ein wichtiges Kriterium für das Wohl des Kindes, kann mit diesem aber nicht gleichgesetzt werden (vgl Staud/Rauscher § 1684 Rz 176); es kommt auf den inneren Willen des Kindes an (KG FamRZ 19, 1147). Er ist nur zu berücksichtigen, soweit er mit dem Kindeswohl vereinbar ist (BVerfG FamRZ 93, 662, 663; 05, 1057; vgl auch Brandbg FamRZ 10, 1923). Bei der Ermittlung (§ 26 FamFG), der Bindungen des Kindes und seines Willens kommt der obligatorischen Kindesanhörung (§ 159 FamFG; s dazu § 1671 Rn 50) besondere Bedeutung zu, erforderlichenfalls ist ein psychologisches Sachverständigengutachten zu erholen.

 

Rn 35

Soweit als möglich muss auch auf die Interessen der Eltern Rücksicht genommen werden, zumal dadurch mittelbar auch das Kindeswohl beeinflusst wird. Eine gegen den Willen eines Elternteils angeordnete Umgangsregelung birgt die Gefahr, dass sich die abl Haltung auch auf das Kind überträgt oder sein Befinden beeinflusst (vgl Staud/Rauscher § 1684 Rz 163a). Deshalb sollte das Gericht um Ausgleich bemüht sein, soweit dies mit dem Kindeswohl noch vereinbar ist und zur konfliktfreieren Ausübung des Umgangsrechts beiträgt.

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