Rn 36

III zählt mögliche familiengerichtliche Maßnahmen bei Gefährdung des persönlichen Kindeswohls beispielhaft – nicht abschließend (BGH FamRZ 17, 212, 214) – auf und will die Bandbreite der Gestaltungsmöglichkeiten verdeutlichen, die unterhalb der Schwelle des Sorgerechtsentzugs bestehen (BTDrs 16/6815, 15; Meysen NJW 08, 2673 f; zum Bestimmtheitserfordernis Nürnbg FamRZ 11, 1306). Nr 1 ermöglicht es dem FamG bspw die Eltern anzuweisen, ihr Kind einen sozialen Trainingskurs besuchen zu lassen, einen Kindertagesbetreuungsplatz anzunehmen oder Früherkennungsuntersuchungen wahrzunehmen (BTDrs 16/6815, 15). Dagegen kann das Gericht einen Elternteil nicht verbindlich anweisen, selbst eine Psychotherapie durchzuführen (BverfG FamRZ 11, 179, 180 mit Anm Menz, wonach die Therapieweisung entgegen dem Verständnis des BverfG das Kind betraf; Brandbg FamRZ 18, 829). Nach Nr 2 kann das FamG den Eltern gebieten, für die Einhaltung der Schulpflicht zu sorgen, jedoch setzt auch dies eine Kindeswohlgefährdung voraus (Ddorf FamRZ 19, 35). Nr 3 und 4 übernimmt Regelungen des GewSchG, das gem § 3 GewSchG keine Anwendung findet (BTDrs 16/6815, 15), etwa Kontaktverbot gegenüber mitsorgeberechtigtem Vater wegen Besitzes kinderpornografischer Videos (Kobl FamRZ 20, 1648). Schließlich ermöglicht es Nr. 5 dem FamG Erklärungen des Sorgerechtsinhabers direkt zu ersetzen. Der Umweg über eine Pflegerbestellung ist daher nicht mehr erforderlich. Mit Wirksamkeit des Beschlusses gilt die Erklärung als abgegeben. In Betracht kommen im Bereich der Personensorge va Zustimmungen zu ärztlichen Behandlungen, Heileingriffen und zu Begutachtungen durch Sachverständige iRd familiengerichtlichen Verfahrens (vgl Brandbg FamRZ 08, 2147; Rostock FamRZ 06, 1623; Zweibr FamRZ 99, 521; Hamm FamRZ 21, 110: vorher zu prüfen, ob richterliche Anhörung unter Mitwirkung des Sachverständigen ausreicht), Entbindungen von der Schweigepflicht (München FamRZ 09, 2101), Zustimmung zur Drogenkontrolle mittels Haaranalyse (Bremen FamRZ 14, 1376). Ebenso fallen Anträge auf Sozialleistungen und auf Jugendhilfemaßnahmen gem §§ 27 ff SGB VIII in den Anwendungsbereich der Vorschrift. Da die Aufzählung in III nicht abschließend ist, sind auch sonstige Ge- und Verbote möglich; bei erheblichen Eingriffen aber nur, sofern sie mit den aufgezählten vergleichbar sind (BGH FamRZ 17, 212, 214), wie etwa ein Verbringungsverbot ins Ausland – ›Grenzsperre‹ (Nürnbg FamRZ 21, 600, 607). Auch können Eltern dem Jugendamt die Ausübung der elterlichen Sorge übertragen (Bremen FamRZ 18, 689). Zur Anordnung und Durchsetzung einer Grenzsperre vgl Frankf FamRZ 18, 1319).

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