Rn 2

IRd Beurkundung einer Vaterschaftsanerkennung wird die leibliche Vaterschaft des Mannes oder seine familiäre Beziehung zur Mutter des Kindes nicht geprüft. Da auch die bewusst falsche Anerkennung wirksam ist, verfolgt der Gesetzgeber ein legitimes Ziel, wenn im Hinblick auf die ausländerrechtlichen Folgen einer Vaterschaftsanerkennung (§§ 28 Abs 1 Nr 3 AufenthG, 4 Abs 3 StAG) der gezielte Missbrauch familienrechtlicher Regelungen verhindert werden soll. Das gesetzliche Verbot bezieht sich nach Abs 1 auf die Anerkennung der Vaterschaft, die gezielt zu dem Zweck erfolgt, die rechtlichen Voraussetzungen für die erlaubte Einreise oder den erlaubten Aufenthalt des Kindes, des Anerkennenden oder der Mutter zu schaffen. Ein solcher zielgerichteter und aufenthaltsrechtlich bezogener Zweck einer Anerkennung ist nicht auf die tatsächliche Übernahme von Verantwortung für das Kind gerichtet.

 

Rn 3

Die Urkundsperson hat im ersten Abschnitt zu prüfen, ob ›Anzeichen‹ bzw. Indizien (S 2) vorliegen, die durch gesetzlich aufgeführte ›konkrete Anhaltspunkte‹ beispielhaft umschrieben werden und für eine missbräuchliche Vaterschaftsanerkennung sprechen können (BTDrs 18/12415, 21). Sind entspr Anzeichen erkennbar, die sich auch erst bei der Beurkundung der Zustimmung der Mutter ergeben können (BVerwG FamRZ 21, 1625), ist eine Prüfung konkreter Anhaltspunkte durchzuführen. Dabei wird einer vollziehbaren Ausreisepflicht (Nr 1) sowie die aus zeitlichen oder räumlichen Gründen fehlende persönliche Beziehung des anerkennungswilligen Mannes zur Kindesmutter (Nr 3) größere praktisch Relevanz zukommen (BayVGH NZFam 21, 1031) als dem Nachweis eines gewährten Vermögensvorteils (Nr 5). Die Voraussetzungen von Abs 2 S 2 Nr 3 werden nicht erfüllt sein, wenn sich der Mann während der Schwangerschaft um die Mutter gekümmert hat und bei der Geburt anwesend war. Von einer Missbräuchlichkeit ist bereits dann nicht auszugehen, wenn die Anerkennung auch der Begründung, Fortsetzung oder Vertiefung einer Eltern-Kind-Beziehung dient (BVerwG FamRZ 21, 1625). Zur Klärung möglicher Anhaltspunkte wird die Urkundsperson die Themenbereiche in einem Gespräch ansprechen, ohne dass in diesem Rahmen die leibliche Vaterschaft zu klären ist (Abs 5).

 

Rn 4

Sind danach für die Urkundsperson keine Anzeichen für eine missbräuchliche Anerkennung ersichtlich, können die Anerkennung und Zustimmung beurkundet werden. Anderenfalls ist dem anerkennungswilligen Mann und der Mutter des Kindes nach der gesetzlich ausdrücklich vorgeschriebenen Anhörung unter Anführung der maßgeblichen Anhaltspunkte rechtliches Gehör zu gewähren und beide sind vom weiteren Verfahrensablauf zu unterrichten (Abs 2 S 1). Ohne weitere Tatsachen ist der Beurkundungsvorgang auszusetzen und die relevanten Missbrauchsanzeichen sind der gem § 85a AufenthG zuständigen Ausländerbehörde mitzuteilen. Von seiner Aussetzungsentscheidung kann die Urkundsperson im weiteren Verlauf nicht abrücken bzw diese zurücknehmen oder widerrufen (OVG Berlin-Brandenburg FamRZ 20, 508). Diese ist dem für den Geburtseintrag zuständigen Standesamt mitzuteilen (Abs 2 S 3). Die Aussetzung ist auf das Beurkundungsverfahren beschränkt und erstreckt sich nicht auf die Eintragung im Geburtenregister (§ 21 PStG) oder ein späteres Berichtigungsverfahren (§ 48 PStG; KG FamRZ 20, 1478; aA Köln FamRZ 19, 897). Die Aussetzungsentscheidung steht zwingend einer Beurkundung der Anerkennung sowie der Zustimmung der Mutter entgegen, deren Unwirksamkeit in Abs 3 und 4 ausdrücklich geregelt ist (OVG Lüneburg FamRZ 20, 510). Wird das Verfahren von der Ausländerbehörde nach § 85a I 3 AufenthG eingestellt, wird eine zuvor beurkundete Anerkennung wirksam (KG FamRZ 22, 1487). Die Aussetzungsentscheidung ist als verwaltungsinterne nicht selbständig anfechtbar (Celle FamRZ 22, 871; Rz 6). Ist eine Beurkundung der Anerkennung vor einer gebotenen Aussetzung erfolgt, ist diese wirksam (VG Magdeburg FamRZ 19, 712; Frankf v 19.9.19 – 20 W 311/18, juris; Frankf NZFam 22, 469).

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