Rn 2

Vor Rechtskraft der Ehescheidung getroffene Vereinbarungen über den nachehelichen Unterhalt bedürfen der notariellen Beurkundung. Zweck der Formvorschrift ist es, durch die Mitwirkung eines Notars die fachkundige und unabhängige Beratung der vertragsschließenden Parteien sicherzustellen, um die Vertragspartner vor übereilten Erklärungen zu bewahren und ihnen die rechtliche Tragweite ihrer Vereinbarungen vor Augen zu führen. Durch die Anfügung des dritten Satzes soll sichergestellt werden, dass außer einem Prozessvergleich von den Parteien auch eine formwirksame Vereinbarung über den nachehelichen Unterhalt in einem Verfahren in Ehesachen im Wege der Protokollierung durch das Prozessgericht abgeschlossen werden kann. Damit soll Rechtssicherheit geschaffen werden für den in der forensischen Praxis nicht seltenen Fall, in dem die Ehegatten in einer Ehesache das Gericht um Protokollierung einer zuvor getroffenen Einigung, etwa eine Unterhaltsvereinbarung, ersuchen, ohne dass ein Unterhaltsverfahren anhängig ist oder dass Streit oder Ungewissheit über den Unterhalt durch gegenseitiges Nachgeben ausgeräumt werden. Von der Formvorschrift erfasst sind alle Regelungen unterhaltsrechtlicher Art (Verzicht, Abfindung, Begrenzung, Modifizierung von Obliegenheiten, Vereinbarungen über steuerliche Aspekte, soweit sie Ausfluss der Unterhaltspflicht sind, Viefhues FPR 09, 114). Das Formerfordernis gilt sowohl für die novierende wie gestaltende (vgl Rn 4) Unterhaltsvereinbarung (aber str, vgl auch Bambg FamRZ 99, 1278). Die Regelung erfasst sowohl Eheverträge als auch Scheidungsfolgenvereinbarungen vor Rechtskraft der Scheidung. Das Formerfordernis besteht nur für den nachehelichen Unterhalt, nicht für den Trennungsunterhalt (§ 1361 I), den Unterhalt des nicht ehelichen Elternteils (§ 1615l I, II), den Familienunterhalt oder den Verwandtenunterhalt einschließlich des Kindesunterhalts (krit Borth FamRZ 06, 813). Nach dem Wortlaut des § 1585c 3 muss die Vereinbarung in einem Verfahren in Ehesachen (§ 121 FamFG) vor dem Prozessgericht protokolliert werden. Der BGH (FamRZ 14, 728) stellt klar, dass durch § 1585c S 3 (›auch‹) die bestehenden Möglichkeiten einer formwirksamen Vereinbarung nicht eingeschränkt, sondern erweitert werden sollten. Damit kann eine Vereinbarung auch in einem anderen Verfahren als der Ehesache, etwa in einem Verfahren über den Trennungsunterhalt, formwirksam erfolgen. Der Beschlussvergleich gem § 278 Abs 6 ZPO steht einem in der mündlichen Verhandlung protokollierten Vergleich gleich (BGH FamRZ 17, 603). Ein Rechtsanwaltsvergleich gem § 796a ZPO genügt dem Formerfordernis nicht (Bergschneider DNotZ 08, 95). Unterhaltsvereinbarungen nach Scheidung sind formfrei möglich, es sei denn eine Formbedürftigkeit ergibt sich aus dem Regelungsgegenstand (vgl etwa § 311). Eine besondere Schutzbedürftigkeit des Ehegatten, der sich in der schwächeren Verhandlungsposition befindet, sieht der Gesetzgeber nur im Zeitraum bis zur Rechtskraft des Scheidungsbeschlusses. Sodann sind Vereinbarungen formfrei abänderbar. Die formfreie Abänderbarkeit bezieht sich auf alle Vereinbarungen zum nachehelichen Unterhalt, sowohl formlose Vereinbarungen nach altem Recht als auch formbedürftige Vereinbarungen vor Rechtskraft des Scheidungsbeschlusses als auch formfreie Vereinbarungen nach Rechtskraft des Scheidungsbeschlusses (arg: in der Abänderung einer Vereinbarung liegt stets der Abschluss einer neuen Vereinbarung). Der Gesetzgeber wollte spätere Anpassungen von Unterhaltsvereinbarungen nicht durch Einführung eins Formzwangs unnötig erschweren. Eine formfreie Abänderung ist jedoch nicht möglich, wenn in der ursprünglichen Vereinbarung die Abänderbarkeit nur in notarieller Form (§§ 127, 127a) vorgesehen ist. Die neue Formvorschrift findet iÜ nur auf Rechtsgeschäfte Anwendung, die nach Inkrafttreten des Gesetzes vollendet werden. Vor Inkrafttreten des UÄndG getroffene formlose Vereinbarungen bleiben wirksam. Eine formal unwirksame Vereinbarung kann jedoch wegen des Doppelcharakters des Vergleichs als materielles Rechtsgeschäft wirksam sein (BGH NJW 85, 1962 [BGH 24.10.1984 - IVb ZR 35/83]).

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