Rn 1

§ 1577 normiert für den nachehelichen Unterhalt das allg gültige unterhaltsrechtliche Prinzip, dass Unterhalt nur beanspruchen kann, wer bedürftig ist (BGH FamRZ 89, 487). Die oft langjährigen Verpflichtungen schränken den Pflichtigen teilw erheblich in seiner durch Art 1 u 2 GG geschützten allg Handlungsfreiheit ein (BVerfG FamRZ 01, 1685). Dies gebietet, die mit der Unterhaltsverpflichtung verbundenen Belastungen so gering wie möglich zu halten. Eine die Bedürftigkeit mindernde Zurechnung eigener Einkünfte ist damit zugleich Ausdruck des nach der Scheidung herrschenden Prinzips der persönlichen und wirtschaftlichen Eigenverantwortung (zu Einzelheiten vgl § 1569 Rn 1). Der geschiedene Ehegatte ist nur bedürftig, wenn und soweit er mit seinen prägenden und nicht prägenden unterhaltsrechtlich bereinigten Einkünften und – soweit geboten – durch Verwertung seines Vermögens seinen an den ehelichen Lebensverhältnissen ausgerichteten vollen Lebensbedarf nicht oder nicht in vollem Umfang zu decken vermag und hierzu auch nicht verpflichtet ist (BGH FamRZ 89, 487). Wird der Bedarf nicht nach einer Quote vom Einkommen, sondern konkret nach den jeweils maßgeblichen Lebensverhältnissen bestimmt, ist das eigene Einkommen des Berechtigten ungekürzt auf den Bedarf anzurechnen. Ein Erwerbstätigenbonus ist nicht zu berücksichtigen (BGH FamRZ 11, 192; Frankf FamRZ 12, 1392). Dies betrifft nicht nur die Fälle außergewöhnlich guter Einkommensverhältnisse, sondern gilt auch für den nach § 1578b I 1 eheunabhängig bestimmten Bedarf.

 

Rn 2

§ 1577 I und II beziehen sich auf die Anrechnung eigener Einkünfte einschl zuzurechnender Erträge aus Vermögen. § 1577 II ist iRd Trennungsunterhalts (BGH FamRZ 95, 343), des Unterhalts nach § 1615l (BGH FamRZ 05, 442) und auch iRd Verwandtenunterhalts (§§ 1601 ff, BGH FamRZ 95, 475) analog anwendbar. Mit dem Hinweis auch auf § 1578b wird klargestellt, dass der ›volle Unterhalt‹ iSd Bestimmung nicht nur der Unterhalt nach Maßgabe der ehelichen Lebensverhältnisse (§ 1578 I), sondern ggf auch der aus Billigkeitsgründen herabgesetzte Unterhalt nach § 1578b sein kann. § 1574 III begrenzt die Obliegenheit zur Verwertung eigenen Vermögens. § 1577 IV betrifft die wiedereintretende Bedürftigkeit nach Vermögensverfall.

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