Rn 20

Eine Vermögensverwertungsobliegenheit besteht nicht, wenn die Verwertung unwirtschaftlich oder unter Berücksichtigung der beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse unbillig wäre. Die Wirtschaftlichkeit ist insb zu verneinen, wenn die Vermögensverwertung zu einem nicht mehr vertretbaren wirtschaftlichen Schaden führt (BGH FamRZ 80, 43). Eine Unwirtschaftlichkeit kann sich auch unter Berücksichtigung des Lebensalters des Unterhaltsgläubigers sowie aufgrund der voraussichtlichen Dauer der Bedürftigkeit sowie der Ertragsstärke des Vermögens ergeben, insb wenn der Gläubiger durch die Verwertung seines Vermögens die Basis für eine langfristige Sicherung seines Unterhalts aus eigenen Mitteln aufgeben müsste (München FamRZ 94, 1459). Das Gleiche gilt, wenn ein zu erwartender Erlös in keinem angemessenen Verhältnis zum Wert der Sache für den Bedürftigen steht (Frankf FamRZ 87, 1179). Aufgrund der nach Scheidung bestehenden wirtschaftlichen Eigenverantwortung ist die Verwertung eines Bankguthabens und anderer liquider Mittel auch dann nicht unwirtschaftlich, wenn Geld zinsgünstig angelegt worden ist (BGH FamRZ 85, 360). Bei einer Vermögensumschichtung sind Verluste oftmals nicht ausgeschlossen. Ob ein unwirtschaftlicher Vermögenseinsatz vorliegt, ist im Einzelfall stets objekt- und zeitbezogen festzustellen (BGH FamRZ 86, 560: keine Verpflichtung zur Verwertung von Immobilienvermögen bei einer Nettorendite von 3,9 %; vgl iÜ Rn 18).

Kasuistik unbilliger Vermögenswertung:

  • Verwertung von Vermögen, soweit dies für sekundäre angemessene Altersvorsorge benötigt wird.
  • Verwertung einer selbstgenutzten kleinen Immobile (vgl aber Köln FamRZ 92, 55: Wohnfläche von 148 qm für einen 1-Personenhaushalt zu groß).
  • Verwertung des mit gemeinsamen Kindern bewohnten Hausgrundstücks soweit die Belange der Kinder einem Wohnungswechsel entgegenstehen.
  • Einsatz des Kapitals aus der Zahlung eines Schmerzensgeldes (BGH FamRZ 88, 1031; BGH FamRZ 89, 170 zum Einsatz von Schmerzensgeld bei gesteigerter Unfallverpflichtung).
  • Der Einsatz des für einen konkreten Zweck angesparten Betrages (Ausbildungsversicherung oder private Altersvorsorge), wenn damit ein künftig zu erwartender Bedarf zu decken ist.

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