Rn 6

Die Gründe für die Einschränkung der Erwerbsfähigkeit sind vielfältig, lassen sich im Wesentlichen jedoch in den nachfolgenden Fallgruppen erfassen. Besondere Leistungen für den anderen Ehegatten sind als schwer wiegender Grund anzusehen, wenn die Erwerbstätigkeit deswegen unterbleibt. Es wäre treuwidrig, einerseits die Leistung eines Ehepartners in Anspruch zu nehmen und ihm andererseits die Unterstützung zu versagen, wenn er sich infolge der dem Verpflichteten zugutekommenden Leistung nicht selbst unterhalten kann. Je entsagungsvoller das iRv § 1576 angeführte Verhalten des geschiedenen Ehegatten war (und auch ist), desto eher ist dem anderen eine nacheheliche Unterhaltslast zumutbar. Auch Vermögensopfer im Interesse des Verpflichteten (etwa die Finanzierung einer Ausbildung des Verpflichteten oder auch ein Umzug mit Arbeitsaufgabe im Interesse des Verpflichteten) können iSd Gegenseitigkeitsverhältnisses einen schwerwiegenden Grund darstellen. Krankheit und Behinderung jenseits der Einsatzzeitpunkte genügen für sich nicht, mögen sie auch ehebedingt sein. Es müssen stets besondere Umstände des Einzelfalls wie Mitverantwortung für die Krankheit (Verletzung durch den Verpflichteten) oder die sonstige Schaffung besonderer Vertrauenstatbestände, die über die Scheidungsrechtskraft hinauswirken, hinzutreten (Zweibr FamRZ 02, 821). Auch die Pflege und Erziehung betreuungsbedürftiger nichtgemeinschaftlicher Kinder reicht als solche nicht aus, um einen Anspruch aus § 1576 zu begründen (Kobl NJW 10, 1537). Das G beschränkt den Anspruch nach § 1570 grds auf gemeinschaftliche Kinder (BGH FamRZ 83, 800). Billigkeitsunterhalt kommt nur in Betracht, wenn besondere Umstände hinzutreten (BGH FamRZ 83, 800; Kobl FamRZ 05, 1997), etwa bei Stiefkindern (Kinder des Verpflichteten), weil es sich sodann um eine besondere Leistung für den Verpflichteten handelt (Stuttg FamRZ 83, 503; Köln FamRZ 80, 886), bei Pflegekindern ist ein besonderer Vertrauenstatbestand gegeben, wenn sie gemeinschaftlich aufgenommen wurden (BGH FamRZ 84, 361; Ddorf FamRZ 87, 1254). Eine Aufnahme nur mit Zustimmung des Verpflichteten soll dagegen den Anspruch nicht rechtfertigen (BGH FamRZ 84, 769; Hamm FamRZ 96, 1417). Dies ist allerdings zweifelhaft, da schon mit Zustimmung ein Vertrauenstatbestand geschaffen wird. Gemeinschaftliche nacheheliche Kinder werden nicht im Vertrauen auf den Fortbestand eines Einverständnisses betreut. Die Tatsache der gemeinschaftlichen Abstammung reicht zur Begründung eines Vertrauenstatbestandes nicht aus (BGH FamRZ 98, 426). Der Anspruch richtet sich nach § 1615l. Bei Enkelkindern sind die Grundsätze heranzuziehen, die bei Betreuung eines Pflegekindes gelten.

Stammt das von der geschiedenen Ehefrau betreute Kind zwar biologisch von dem geschiedenen Ehemann ab, ist es rechtlich jedoch als eheliches Kind eines früheren Ehemannes der Frau anzusehen, kommt als Anspruchsgrundlage für den nachehelichen Unterhalt der Ehefrau trotz bislang praktizierter gemeinsamer Verantwortung nicht § 1570, sondern nur § 1576 1 in Betracht (Ddorf FamRZ 99, 1274). Bei Ehebruchskindern ist im Regelfall die grobe Unbilligkeit der Unterhaltsversagung zu verneinen, da ein ehezerstörendes Verhalten bei der Billigkeitsprüfung zu berücksichtigen ist. Etwas anderes kann gelten, wenn sich der Unterhaltsverpflichtete mit diesem Umstand längere Zeit abgefunden hat und sonstige Umstände (Arbeitsplatzaufgabe durch die Unterhaltsberechtigte etc) hinzutreten (Frankf FamRZ 82, 299).

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