Rn 33

Beim externen (offenen) Kalkulationsirrtum wird die Kalkulation erkennbar zum Gegenstand der Vertragsverhandlungen gemacht, weil der verlangte oder angebotene Preis erkennbar als durch eine bestimmte Kalkulation zustande gekommen bezeichnet wird. Das RG hat diesen Fall als Inhaltsirrtum qualifiziert (RGZ 64, 268; 101, 108, Silber-Fall; 105, 407, Rubel-Fall; 116, 18, Börsenkurs-Fall). Dies ist abzulehnen, weil eine einseitige Kalkulation – wie jedes Motiv – nicht durch Mitteilung zum Erklärungsinhalt wird (Neuner AT § 41 Rz 82; Medicus/Petersen AT Rz 758; jetzt BGHZ 139, 180, ggf unzulässige Rechtsausübung; aA für erkannten offenen Kalkulationsirrtum Anfechtung analog § 119 I Wieser NJW 72, 709 f; analog § 119 II MüKo/Armbrüster§ 119 Rz 89). Die Behandlung hängt vom jeweiligen Einzelfall ab. Ergibt die Auslegung, dass die Parteien nicht auf einen Endbetrag, sondern eine Berechnungsmethode oder Einzelpreise abstellen wollten, gilt nach dem Grundsatz falsa demonstratio non nocet der richtig berechnete Preis (Frankf WM 01, 565; LG Aachen NJW 82, 1106; Kleve NJW 91, 1066). Dazu muss die Kalkulation Grundlage der Willenserklärung des Vertragspartners werden (BGH NJW 81, 1552 [BGH 20.03.1981 - V ZR 81/80]). Wird eine evident unrichtige Rechnung mitgeteilt, ohne den Fehler selbst erkennen zu lassen, ist die perplexe Erklärung nichtig (Medicus AT Rz 759). Auf einen Kalkulationsirrtum kann hindeuten, wenn der Abstand zum nächsthöheren Angebotspreis besonders groß ist. In einem Vergabeverfahren kann der Auftraggeber verpflichtet sein, auf die Interessen des irrenden Bieters Rücksicht zu nehmen, wenn der irrig kalkulierte Preis nicht annähernd eine äquivalente Gegenleistung darstellt (BGH NJW 15, 1513 [BGH 11.11.2014 - X ZR 32/14] Tz 11, 14). Haben sich die Parteien gemeinschaftlich geirrt, können die Grundsätze über das Fehlen der Geschäftsgrundlage (§ 313) anzuwenden sein. Schließlich kann eine unzulässige Rechtsausübung vorliegen oder eine Schadensersatzpflichteintreten.

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