Rn 25

Materiell-rechtliche Voraussetzung der Unterlassungsverfügung ist, wenn noch keine Verletzungshandlung vorliegt, die Begehungsgefahr; nach erfolgter Verletzung die dann zu vermutende Wiederholungsgefahr (§ 8 I UWG). Sie entfällt bei Abgabe einer vertragsstrafebewehrten Unterlassungserklärung, wenn eine angemessene Strafhöhe (BGH NJW 83, 941, 942 [BGH 07.10.1982 - I ZR 120/80] – Vertragsstrafeversprechen; BGH NJW-RR 06, 1477, 1478 [BGH 18.05.2006 - I ZR 32/03] Rz 20; NJW 14, 2180 Rz 17 – Vertragsstrafenklausel) vereinbart oder diese in das Ermessen des Gläubigers oder eines Dritten (vgl hierzu BGH NJW 94, 45, 46 [BGH 30.09.1993 - I ZR 54/91] – Vertragsstrafebemessung; NJW 14, 2180 [BGH 13.11.2013 - I ZR 77/12] Rz 18 – Vertragsstrafenklausel) gestellt wird (Teplitzky/Kessen Kap 8 Rz 36; D. Fischer FS Piper, 1996, 205, 216, 217). Der Zugang einer vom Schuldner abgegebenen notariellen Unterlassungserklärung beseitigt nicht das Rechtsschutzbedürfnis des Gläubigers für eine gerichtliche Verfolgung des Unterlassungsanspruchs (BGH WRP 16, 1494 [BGH 21.04.2016 - I ZR 100/15] Rz 16 – Notarielle Unterlassungserklärung; Teplitzky WRP 15, 527, 528). Eine vorherige Abmahnung ist nicht Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Verfügung; fehlt sie, führt dies bei Anerkenntnis des Schuldners regelmäßig zu Kostennachteilen für den Gläubiger (§ 93, vgl BGHZ [GrS] 164, 1, 8 = NJW 05, 3141 [BGH 15.07.2005 - GSZ 1/04] – Unberechtigte Schutzrechtsverwarnung; dies ist auch iRe Kostenentscheidung nach § 91a zu berücksichtigen, Karlsr WRP 90, 640, 641 [OLG Hamm 27.03.1990 - 4 U 269/89]; Hambg NJW-RR 02, 215). § 12 I UWG stellt insoweit keine Rechtspflicht zur Abmahnung auf, sondern begründet allenfalls eine Obliegenheit für den Gläubiger im eigenen (Kosten-)Interesse den Gegner abzumahnen (Köhler/Bornkamm/Köhler § 12 Rz 1.7). Gemäß § 12 I UWG wird hinsichtlich des Verfügungsgrundes die Dringlichkeit vermutet (Bremen NJW-RR 15, 1390 [OLG Bremen 10.04.2015 - 2 U 132/14]; Teplitzky/Feddersen Kap 54 Rz 18). Diese Vermutung kann widerlegt werden, was insb für die Fallgruppe der Selbstwiderlegung (§ 935 Rn 10) gilt. Ist die Dringlichkeitsvermutung widerlegt, muss der Gläubiger den Verfügungsgrund glaubhaft machen (Musielak/Voit/Huber Rz 25). Das Rechtsschutzinteresse fehlt, wenn der Verfügungskläger bei mehreren Gerichten einen Verfügungsantrag stellt, und zwar auch dann, wenn der Antrag bei dem zuerst angerufenen Gericht noch vor der Entscheidung des danach angerufenen Gerichts zurückgenommen wird (Hambg WRP 10, 790, 792 [OLG Hamburg 26.11.2009 - 3 U 60/09]). Bei einem rechtsmissbräuchlichen Gerichtsstandswechsel (sog forum-shopping: Zurücknahme des Antrags bei demjenigen Gericht, das mündliche Verhandlung anberaumt oder in sonstiger Weise seine negative Einstellung zum Antrag zu erkennen geben hat, und neue Antragstellung bei einem anderen Gericht) soll es an der Dringlichkeit fehlen, weil der Gläubiger durch dieses Verhalten zeige, dass ihm an einer zeitnahen Klärung der Berechtigung seines Ansprüche nicht wirklich gelegen ist (Hambg NJW-RR 07, 763 [OLG Hamburg 06.12.2006 - 5 U 67/06]; Musielak/Voit/Huber Rz 25). Tatsächlich handelt es sich auch hier um eine Frage des (besonderen) Rechtsschutzinteresses (Teplitzky WRP 16, 1181, 1188). Die Anrufung eines anderen Gerichts, nachdem das Erstgericht dem Antragsteller seine ablehnende Einstellung zum gestellten Eilantrag zu erkennen gegeben hat, verletzt das verfassungsrechtliche Gebot der Waffengleichheit, insb einer fairen Balance der Prozessrisiken. Dem im Eilverfahren ohnehin vielfältig begünstigten Antragssteller kann aus rechtsstaatlichen Erwägungen nicht die Befugnis zugebilligt werden, nacheinander mehrere Gerichte darauf zu testen, ob nicht doch eines seinem Antrag stattgeben will (Teplitzky, GRUR 08, 34, 38, ders FS Loschelder, 2010, 391, 399; ebenso München WRP 11, 364, 365 [OLG Köln 10.12.2010 - 6 U 112/10]; KG BeckRS 16, 20975).

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