Rn 9

Der Schuldner kann auf das Antragsrecht nach § 927 verzichten (BGH NJW-RR 87, 288, 289). Mit der im Wettbewerbsrecht entwickelten, hierauf aber nicht beschränkten Abschlusserklärung kann der Schuldner unter Verzicht auf die Rechtsbehelfe der §§ 924, 926 die Klage in der Hauptsache abwenden (BGHZ 181, 373 Rz 15 = NJW 09, 3303 – Mescher weis). Mit der Abschlusserklärung erkennt der Unterlassungsschuldner eine gegen ihn ergangene Unterlassungsverfügung als nach Bestandskraft und Wirkung einem entsprechenden Hauptsachetitel gleichwertig an. Hierdurch wird das Rechtsschutzinteresse für eine Hauptsacheklage beseitigt, weil sie einen dem Unterlassungstitel gleichwertigen Vollstreckungstitel entstehen lässt (BGH WRP 10, 1035 Rz 16 – Folienrollos; WRP 16, 1494 [BGH 21.04.2016 - I ZR 100/15] Rz 14 – Notarielle Unterlassungserklärung). Die Wirkung der Abschlusserklärung reicht soweit wie der Verbotsumfang der Unterlassungsverfügung, die der Schuldner als endgültige Regelung anerkannt hat (BGH WRP 10, 1035 [BGH 19.05.2010 - I ZR 177/07] Rz 17 – Folienrollos). Die Abschlusserklärung muss sich aber auch – jedenfalls grds – auf die Rechte aus § 927 erstrecken, um die Beseitigung des Rechtsschutzbedürfnisses für die Hauptsacheklage zu erreichen (BGHZ 181, 373 Rz 15 = NJW 09, 3303 – Mescher weis; Teplitzky/Bacher Kap 43 Rz 5 f; MüKoZPO/Drescher Rz 13; Zö/Vollkommer Rz 9a). Zu beachten ist jedoch, dass der Verzicht des Schuldners den Gläubiger nicht besserstellen soll, als er bei einem rechtskräftigen Hauptsachetitel stünde. Dies wäre bei einem uneingeschränkten Verzicht auf den Rechtsbehelf des § 927, der es dem Schuldner ermöglicht, die Aufhebung der einstweiligen Verfügung wegen veränderter Umstände zu beantragen, aber der Fall. Denn einem Hauptsachetitel können unter den Voraussetzungen der §§ 323, 767 nachträglich entstandene Einwendungen entgegengehalten werden. Für die Beseitigung des Rechtsschutzbedürfnisses für die Hauptsacheklage ist ein uneingeschränkter Verzicht jedenfalls nicht erforderlich (BGHZ 181, 373 Rz 16 = NJW 09, 3303 – Mescher weis). Der Schuldner muss deshalb auf die Rechte aus § 927 nicht verzichten, soweit es um die Geltendmachung veränderter Umstände geht, die auf einer Gesetzesänderung oder Änderungen in der höchstrichterlichen Rspr beruhen (BGHZ 181, 373 Rz 25 = NJW 09, 3303 – Mescher weis). Als hinreichende Formulierung für eine Abschlusserklärung wird es nunmehr ausreichen, dass der Schuldner sich die Rechte aus § 927 vorbehält, die er auch gegen einen im Hauptsacheverfahren ergangenen rechtskräftigen Titel geltend machen könnte (BGHZ 181, 373 Rz 27 = NJW 09, 3303 – Mescher weis).

Die Abschlusserklärung muss dem Inhalt der einstweiligen Verfügung entsprechen, damit sie die angestrebte Gleichstellung des vorläufigen mit dem Hauptsachetitel erreichen kann, und darf allenfalls auf einzelne in der Entscheidung selbstständig tenorierte Streitgegenstände beschränkt werden (BGH NJW 05, 2550 [BGH 04.05.2005 - I ZR 127/02] – ›statt‹-Preis). Der Inhalt einer Abschlusserklärung ist nach allgemeinen Grundsätzen durch Auslegung zu ermitteln. Der Erklärungsgehalt richtet sich nach dem objektiven Empfängerhorizont unter Berücksichtigung des Grundsatzes von Treu und Glauben. Wird in einer Abschlusserklärung auf die Rechte aus §§ 924, 926 und 927 ohne ausdrückliche Einschränkung verzichtet, so kann dem Verzicht nach Treu und Glauben kein weitergehender Erklärungsinhalt beigemessen werden, als er für den Zweck der Abschlusserklärung, die angestrebte Gleichstellung des vorläufigen mit dem Hauptsachetitel zu erreichen, erforderlich ist. Es kann regelmäßig nicht angenommen werden, dass ein Schuldner auf die Rechte aus § 927 auch insoweit verzichten will, als sie mit den Einwendungen übereinstimmen, die einem rechtskräftigen Hauptsachetitel nach § 767 entgegengehalten werden könnten (BGHZ 181, 373 Rz 26 = NJW 09, 3303 – Mescher weis).

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