Rn 35

Wird der Zinsantrag tw zurückgewiesen, so liegt ein Unterliegen iSd § 92 I vor, so dass grds von einer Kostenverteilung auszugehen ist. Dass Zinsen idR beim Streitwert nicht berücksichtigt werden (§ 43 I GKG) ist unerheblich, da die Vorschrift des § 92 I auf das Unterliegen im Rechtsstreit abstellt und nicht darauf, welchen Streitwert der Gegenstand hat, mit dem die Partei unterliegt (s Rn 4).

Unzutreffend daher OLG Saarbrücken (Saarbr OLGR 06, 794 = NJW-RR 07, 426 [OLG Saarbrücken 15.02.2006 - 4 W 32/06]), wonach der Zinsanspruch bei der Berechnung der beiderseitigen Obsiegens- und Unterliegensanteile nicht zu berücksichtigen sei, wenn der abgewiesene Zinsanspruch auf keiner eigenständigen Begründung beruhe, sondern sich als notwendige Folge der Klageabweisung hinsichtlich der Hauptforderung darstelle. Auf die Begründung des Zinsantrages kommt es nicht an, sondern auf das Unterliegen. Zutreffend daher AG Freiburg (AnwBl 84, 99), das die Kosten nach Anerkenntnis in der Hauptsache und Klagerücknahme hinsichtlich des Anspruchs auf vorgerichtliche Kosten und Zinsen geteilt hat, weil diese Nebenforderungen zwar keine besonderen Kosten veranlasst, aber fast die Höhe der Hauptforderung erreicht haben.

Bei den Zinsen wird allerdings idR § 92 II Nr 1 zur Anwendung kommen. Zinsen sind ggü der Hauptforderung meistens geringfügig und verursachen im Hinblick auf § 43 I GKG keine besonderen Kosten, so dass, wenn nur der Zinsantrag ganz oder tw abgewiesen wird, die Kosten des Verfahrens dennoch dem Beklagten in vollem Umfang auferlegt werden können.

Nach der Rspr sind die Zinsen dann nicht mehr geringfügig, wenn sie etwa 1/10 der Hauptsache ausmachen (BGH MDR 61, 141 [BGH 09.11.1960 - VIII ZR 222/59] = LM Nr 7 zu § 92 ZPO). In der Praxis wird dies zu wenig berücksichtigt.

Auch wenn Zinsen unterhalb dieser Grenze liegen, also als geringfügig zu betrachten sind, können sie gesonderte Kosten auslösen, was von der Rspr allerdings bislang völlig ignoriert wird.

 

Beispiel:

Eingeklagt ist eine Forderung von 10.000 EUR nebst 8 % laufende Zinsen sowie rückständige Zinsen für zwei vergangene Jahre. Im Termin erscheint der Beklagte nicht. Das Gericht weist den Kl darauf hin, dass der Zinsantrag unschlüssig sei und erörtert mit dem Kl. Dieser hält seinen Zinsantrag aufrecht und beantragt insgesamt den Erlass eines Versäumnisurteils. Das Gericht erlässt ein Versäumnisurteil, in dem es die Hauptforderung zuspricht und den Zinsantrag zurückweist (§ 330 II).

Der Wert der Hauptsache beläuft sich auf 10.000 EUR. Der Wert der Zinsen ist für die vergangenen Jahre jeweils auf 800 EUR festzusetzen und für die laufenden Zinsen ebenfalls auf 800 EUR (Jahreswert), so dass sich insoweit ein Wert iHv 2.400 EUR ergibt.

Für die Verfahrensgebühr des Klägeranwalts bleiben die Zinsen außer Ansatz, da sie Nebenforderungen sind (§ 23 I 1 RVG iVm § 43 I GKG). Soweit der Kl lediglich ein Versäumnisurteil beantragt hat, nämlich aus der Hauptforderung, ist die ermäßigte Terminsgebühr nach Nr 3104, 3105 VV RVG angefallen. Aus dem Wert der Zinsen ist dagegen die volle 1,2-Terminsgebühr (Nr 3104 VV RVG) angefallen, da hierüber erörtert worden ist (Köln AGS 06, 224 = JurBüro 06, 254). Jetzt wird der Wert der Zinsen nach § 43 II GKG maßgebend. Insgesamt darf der Anwalt allerdings nicht mehr abrechnen, als eine 1,2-Terminsgebühr aus dem Gesamtwert (§ 15 III RVG), der sich wiederum auf 10.000 EUR beläuft.

Die Abrechnung des Anwalts sieht also wie folgt aus:

 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr 3100 VV RVG (10.000 EUR) 725,40 EUR
2. 0,5-Terminsgebühr, Nr 3104, 3105 VV RVG (10.000 EUR) 279,00 EUR
3.

1,2-Terminsgebühr, Nr 3104 VV RVG (2.400 EUR)

(die Grenze des § 15 III RVG, 1,2 aus 10.000 EUR = 669,60 EUR ist nicht erreicht)
241,20 EUR
4. Postentgeltpauschale, VV 7002 20,00 EUR
  Zwischensumme 1.265,60 EUR
5. 19 % Umsatzsteuer, Nr 7008 VV RVG 240,46 EUR
  Gesamt 1.506,06 EUR

Durch den Zinsantrag sind jetzt besondere Kosten entstanden (inkl Umsatzsteuer 287,03 EUR, also fast 20 % der Gesamtkosten), so dass hier eine Quotelung vorzunehmen ist.

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