Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Berücksichtigung des Zinsanspruchs bei der Berechnung der Obsiegens- und Unterliegensanteile im Rahmen der Kostenentscheidung

 

Leitsatz (amtlich)

In der Kostenentscheidung nach § 92 Abs. 1 ZPO ist der als Nebenforderung geltend gemachte Zinsanspruch bei der Bestimmung der beiderseitigen Obsiegens- und Unterliegensanteile jedenfalls dann nicht zu berücksichtigen, wenn die eigenständige wirtschaftliche Relevanz der Zinsforderung alleine auf der langen Verfahrensdauer beruht und die Entscheidung über den Zinsausspruch keinerlei Begründungsaufwand erfordert.

 

Verfahrensgang

LG Saarbrücken (Beschluss vom 01.12.2005; Aktenzeichen 9 O 2956/91)

 

Tenor

I. Die sofortige Beschwerde des Beklagten gegen den Beschluss des LG Saarbrücken vom 1.12.2005 - 9 O 2956/91 wird zurückgewiesen.

II. Der Beklagte trägt die Kosten der sofortigen Beschwerde.

III. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

IV. Der Streitwert des Verfahrens der sofortigen Beschwerde wird auf 3.200 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten in Klage und Widerklage in einem seit 1991 anhängigen Rechtsstreit über Werklohn- und Gewährleistungsansprüche aus einem Generalübernehmervertrag.

Die Klägerin hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 246.574,29 EUR nebst 9 % Zinsen seit dem 6.6.1991 zu zahlen.

Mit Teilurteil vom 26.9.2005 (GA VI Bl. 911 ff.) hat das LG der Klage unter Abweisung im Übrigen lediglich in Höhe eines Betrages von 20.308,93 EUR stattgegeben und teilweise über die Widerklage entschieden.

Sodann haben die Parteien gem. § 276 Abs. 6 ZPO einen gerichtlichen Vergleich abgeschlossen, in dem sich die Parteien einig gewesen sind, keinerlei Rechte aus dem Teilurteil herzuleiten. Alle wechselseitigen Ansprüche aus dem Rechtsstreit und den diesem Rechtsstreit zugrunde liegenden Auftragsverhältnissen sollten erledigt sein. Die Kostenentscheidung haben die Parteien dem Gericht übertragen.

Mit Beschl. v. 1.12.2005 (GA VI Bl. 993) hat das LG den Streitwert auf 386.798 EUR festgesetzt und die Kosten des Rechtsstreits zu 85 Prozent der Klägerin, zu 15 Prozent dem Beklagten auferlegt. Gegen den am 6.12.2005 zugestellten Beschluss hat der Beklagte mit Schriftsatz vom 19.12.2005 - eingegangen am 20.12.2005 - sofortige Beschwerde eingelegt. Er vertritt die Auffassung, das LG habe bei der Berechnung des Streitwerts einen Rechenfehler begangen. Hinsichtlich der Kostenentscheidung habe das LG nicht berücksichtigt, dass vom 6.6.1991 bis zum Abschluss des Vergleichs aus der beantragten Hauptforderung ein Zinsanspruch i.H.v. 321.445,83 EUR resultiere. Dieser übersteige die zuerkannte Hauptforderung bei weitem und müsse bei der Gewichtung der beiderseitigen Obsiegens- und Unterliegensanteile berücksichtigt werden.

Das LG hat mit Beschl. v. 18.1.2006 (GA VI Bl. 1011) der gegen die Streitwertfestsetzung gerichteten sofortigen Beschwerde abgeholfen und die sofortige Beschwerde im Übrigen dem Saarländischen OLG zur Entscheidung vorgelegt.

II.A. Die gem. § 91a Abs. 2 ZPO statthafte, form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde ist nicht begründet. Mit zutreffenden Erwägungen hat das LG bei der Bestimmung des Kostenquote den Zinsanspruch nicht berücksichtigt.

1. Die Frage, ob ein Unterliegen im Zinsanspruch auch dann bei der Bestimmung der beiderseitigen Obsiegens- und Unterliegensanteile im Rahmen der Kostenentscheidung nach § 92 ZPO gewichtet werden muss, wenn sich der Zinsanspruch selbst gem. § 4 ZPO auf die Wertfestsetzung nicht ausgewirkt hat, wird in Literatur und Rechtsprechung nicht immer eindeutig beantwortet:

a) Zwar findet sich bei Thomas/Putzo (Thomas/Putzo, ZPO, 27. Aufl., § 92 Rz. 4) die klare Differenzierung, Zinsen seien dann zu berücksichtigen, wenn Zinsen zu einem kleineren S. oder späteren Laufzeitbeginn als beantragt zuerkannt worden seien. Dem sei der Fall gleichzusetzen, dass die Klage nur in der Nebenforderung erfolgreich gewesen sei. Diese Auffassung wird in ihrer Tendenz auch in der Kommentierung vom Musielak/Wolst (Musielak/Wolst, ZPO, 4. Aufl., § 92 Rz. 2) geteilt, wonach eine die Kostenentscheidung beeinflussende teilweise Klageabweisung dann gegeben sei, wenn die Klage nur hinsichtlich zuviel gezahlter Zinsen abgewiesen werde. Demgegenüber trifft die Auffassung, für die Anwendung des § 92 ZPO spiele es keine Rolle, ob die Klageabweisung einen Haupt- oder Nebenanspruch betreffe, für die hier zu beantwortende Rechtsfrage keine explizite Aussage (Stein/Jonas/Bork, ZPO, 21. Aufl., § 92 Rz. 1; Wieczorek/Schütze, ZPO, 3. Aufl., § 92 Rz. 1; Zöller/Vollkommer, ZPO, 25. Aufl., § 92 Rz. 11): Es bleibt offen, ob die Klageabweisung im Nebenanspruch auch die Fälle erfasst, in denen die Klageabweisung im Zinsanspruch gewissermaßen denknotwendig aus der Abweisung der Hauptforderung folgt oder ob eine die Kostenentscheidung beeinflussende Anrechnung des Zinsanspruchs nur dann erfolgen kann, wenn das Gericht unabhängig von der Entscheidung zur Hauptforderung eine explizite Entscheidung über den Zinsausspruc...

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