Rn 5

Neben der verhältnismäßigen Teilung ermöglicht § 92 I 1, 1. Alt. auch, die Kosten gegeneinander aufzuheben. Werden die Kosten gegeneinander aufgehoben, gilt § 92 I 2:

  • Jede Partei hat ihre eigenen Kosten selbst zu tragen, also sowohl die eigenen Parteikosten als auch die eigenen Anwaltskosten.
  • Die angefallenen Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden hälftig geteilt. Das bedeutet, dass die eine Hälfte von Klägerseite und die andere Hälfte von Beklagtenseite zu tragen ist. Soweit Kläger- und Beklagtenseite aus mehreren Personen bestehen, gilt § 100. Untereinander haften mehrere Kl oder Beklagte also für die jeweilige Hälfte nach Kopfteilen (§ 100 I), sofern nicht nach § 100 IV 1 gesamtschuldnerische Haftung ausgesprochen worden ist.
 

Beispiel:

A und B beantragen, C und D als Gesamtschuldner zu verurteilen. Im Urt, in dem B und C als Gesamtschuldner tw verurteilt werden, hebt das Gericht die Kosten gegeneinander auf.

A, B, C und D tragen ihre außergerichtlichen Kosten jeweils selbst. Eine Kostenerstattung scheidet aus.

Von den Gerichtskosten tragen A und B einerseits und C und D andererseits je die Hälfte (§ 92 I 2). Während sich A und B die auf sie entfallende Hälfte teilen (§ 100 I), haften C und D gesamtschuldnerisch für die andere Hälfte (§ 100 IV 1).

Eine Aufhebung der Kosten kommt grds nur dann in Betracht, wenn beide Parteien etwa in gleicher Höhe obsiegt haben und unterlegen waren. Ansonsten ist verhältnismäßig zu teilen.

Strittig ist, ob die Aufhebung der Kosten nur dann in Betracht kommen soll, wenn jede Partei etwa gleich hohe Kosten hat, so OLG Hamburg (Hambg MDR 85, 770 = Rpfleger 85, 374). Diese Auffassung ist jedoch unzutreffend. Würde man die Möglichkeit, die Kosten gegeneinander aufzuheben, nur dann für anwendbar halten, wenn auf beiden Seiten nahezu gleich hohe Kosten anfallen, dann wäre diese Vorschrift überflüssig, weil dies immer auf dasselbe Ergebnis hinauslaufen würde wie eine hälftige Teilung der Kosten. Vielmehr soll gerade die Möglichkeit, die Kosten gegeneinander aufzuheben, dem Gericht ermöglichen, einer Partei, die kostensparend verfahren ist, diesen Vorteil zu erhalten, etwa wenn eine Partei sich selbst vertreten hat.

 

Beispiel:

Der Beklagte wird von dem AG auf Zahlung von 4.000 EUR verklagt. Er vertritt sich selbst und wird zur Zahlung von 2.000 EUR verurteilt. Würde man hier die Kosten hälftig verteilen, müsste der Beklagte auch die Kosten des Klägeranwalts zur Hälfte tragen. Bei Kostenaufhebung gegeneinander würde ihm dagegen der Vorteil, dass er sich selbst vertreten hat, erhalten bleiben, weil er nur seine eigenen Kosten trägt. Der Kl müsste seine gesamten Anwaltskosten selbst tragen.

Unbillig erscheint die Kostenaufhebung dagegen, wenn auf Seiten einer Partei Mehrkosten angefallen sind, die sie nicht verhindern konnte.

 

Beispiel:

Vor dem AG Köln wird der in Berlin wohnende Beklagte auf Zahlung von 5.000 EUR verklagt und zur Zahlung von 2.500 EUR verurteilt. Hier wäre es unangemessen, die Kosten gegeneinander aufzuheben, da dann der Beklagte seine gesamten Reisekosten und die seines Anwalts oder die Mehrkosten eines Terminsvertreters oder Verkehrsanwalts selbst tragen müsste. Hier ist es angemessen, die Kosten hälftig zu teilen, den Kl also auch an den Mehrkosten des Beklagten zu beteiligen.

 

Beispiel:

Der Kl verklagt drei Gesamtschuldner auf Zahlung von 10.000 EUR. Diese werden als Gesamtschuldner auf Zahlung von 5.000 EUR verurteilt.

Auch hier wäre es unbillig, die Kosten gegeneinander aufzuheben, da auf Seiten der Beklagten eine nach Nr 1008 VV RVG um 0,6 erhöhte Verfahrensgebühr angefallen ist.

Umgekehrt ist es bei unterschiedlichem Obsiegen ist es im Regelfall nicht geboten, eine Kostenaufhebung auszusprechen, sondern auch dann die Kosten verhältnismäßig zu teilen, wenn eine Partei anwaltlich vertreten ist, während die andere Partei ihre Rechte selbst wahrnimmt, und die der anwaltlich nicht vertretenen Partei formell günstige Quote sich als wirtschaftlich nachteiliger als eine Kostenaufhebung erweist (Oldbg NdsRpfl 12, 17).

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge