Rn 11

Abs 2 S 1 erweitert den Pfändungsschutz durch den Übertrag des pfändungsgeschützten Guthabens, über das der Schuldner nicht verfügt hat, in die nächsten drei Kalendermonate. § 899 II 1 formuliert deswegen, wenn der Schuldner im jeweiligen Kalendermonat nicht über Guthaben iHd Basis-Pfändungsschutzes verfügt hat, wird dieses nicht verbrauchte Guthaben in den drei nachfolgenden Kalendermonaten zusätzlich zu dem Grundfreibetrag nicht von der Pfändung erfasst. Dadurch sollen sparsames Wirtschaften und Anschaffungen oder erwartbare Nachzahlungen an Versorger besser ermöglicht werden. Hierbei handelt es sich um eine gesetzliche Erweiterung des Pfändungsschutzes. Es bedarf dazu keiner gesonderten Erklärung des Schuldners. Das Kreditinstitut muss diesen erweiterten Umfang des Pfändungsschutzes beachten. Das Kreditinstitut darf deswegen das dem Übertrag unterliegende Guthaben nicht an den pfändenden Gläubiger leisten oder den Betrag hinterlegen. Maßgebend sind die in dem betreffenden Kalendermonat erfolgten Gutschriften bis zur Höhe des unpfändbaren Betrags.

 

Rn 12

Der Übertrag erfolgt für das im Kalendermonat nicht verbrauchte Guthaben. Die Übertragung betrifft nur in den Grenzen der unpfändbaren Beträge vorhandenes Guthaben, nicht aber mangels eines Zahlungseingangs nicht ausgeschöpfte Freibeträge. Die Gesamtsumme des Übertrags ergibt sich aus dem monatlich pfändungsgeschützten Guthaben, dem nicht verbrauchten Anteil sowie dem Schutzzeitraum. Übertragbar ist das gesamte monatlich pfändungsgeschützte Guthaben, bestehend aus dem Grundfreibetrag des § 899 I 1, den nachgewiesenen Erhöhungsbeträgen nach § 902 sowie der Festsetzung eines abweichenden pfändungsfreien Betrags durch das Vollstreckungsgericht gem § 906 IV. Für den Grundfreibetrag aus § 899 I ist die Übertragbarkeit in § 899 II, für die Erhöhungsbeträge in § 902 S 2 und für die nach § 906 I oder II festgesetzten Beträge durch § 906 IV bestimmt.

 

Rn 13

Die Übertragbarkeit hängt von der Höhe des vorhandenen Guthabens ab. Ohne Guthaben erfolgt kein Übertrag. Übertragen werden kann nur das konkrete Guthaben aus Gutschriften. Unterschreitet das vorhandene Guthaben den Pfändungsfreibetrag einschließlich der Erhöhungsbeträge und der gerichtlich festgesetzten Beträge, wird nur das offene Guthaben, nicht aber der höhere Differenzbetrag bis zur Pfändungsfreigrenze übertragen. Ein fiktives Guthaben wird nicht übertragen und kann nicht ›angespart‹ werden. Dies folgt bereits aus der Zielsetzung der Regelung, größere Anschaffungen oder die Begleichung von höheren Forderungen zu ermöglichen. Aus fiktiven Beträgen kann dies nicht erfolgen.

 

Rn 13a

Der Zeitpunkt der Verfügung durch den Schuldner ist insb zum Monatsende wichtig, wenn zu entscheiden ist, ob der Schuldner zuvor über sein Guthaben verfügt hat oder es in den Folgemonat übertragen ist. Letztlich geht es um die Frage, bis wann die Verfügung des Schuldners erfolgen muss. Im Grundsatz ist dafür entscheidend, wann der Zahlungsauftrag dem Kreditinstitut zugeht, wofür nach § 675n I 2 BGB auf den Geschäftstag des kontoführenden Kreditinstituts abzustellen ist (zum Folgenden Ahrens EWiR 17, 741; ders NJW-Spezial 18, 85). § 675n I 2 BGB schließt den Zugang eines Zahlungsauftrags an einem Tag, der kein Geschäftstag ist, nicht aus. Geschäftstag ist der volle Kalendertag (BGH NJW 19, 2469). Zu berücksichtigen ist dafür der für die konkrete Verfügung erforderliche Geschäftsbetrieb, bei einer persönlichen Disposition die Geschäftszeiten der betreffenden Filiale und bei einem automatisierten Zahlungsvorgang der Rechnerbetrieb (BGHZ 216, 184 Rz 23 ff). Allerdings kann das Kreditinstitut gem § 675n I 3 BGB eine Annahmeschlusszeit (Cut-off-Zeitpunkt) nahe am Ende eines Geschäftstags festlegen (vgl MüKoBGB/Jungmann, § 675n Rz 43). Auch als einseitige Festsetzung unterliegt sie der AGB-Kontrolle (vgl BGHZ 187, 86; BGH NZI 15, 858).

 

Rn 13b

Die Einzelheiten hängen von der Art der Verfügung ab. Bargeldabhebungen an einem Automaten des kontoführenden Kreditinstituts erfolgen iR eines automatisierten Geschäftsbetriebs. Deswegen kommt es insoweit nicht auf die Geschäfts- bzw Öffnungszeiten der Filiale an. Abzustellen ist auf den Kalendertag, dh den Monatsletzten. Unerheblich ist der Wochentag, also ob es sich um einen Sonnabend, Sonntag oder Feiertag handelt (BGHZ 216, 184 Rz 24). Dies gilt grds auch, wenn der Schuldner Geld an einem institutsfremden Automaten abhebt. Aufgrund der automatisierten Autorisierung werden die Gültigkeit der Debitkarte sowie die PIN von der EDV des kontoführenden und kartenausgebenden Kreditinstituts geprüft, von dem auch die Anweisung zur Auszahlung erfolgt (Ahrens NJW-Spezial 18, 85; SBL/Maihold, Bankrechts-Handbuch § 54 Rz 40). Zugleich geht damit der Zahlungsauftrag dem kontoführenden Kreditinstitut während des Geschäftsbetriebs zu. Etwas anderes kann ausnw (Hippeli DZWIR 18, 51, 52, regelmäßig) gelten, wenn der Zahlungsauftrag dem kontoführenden Kreditinstitut aus einem außerhalb seines Machtbereichs liegend...

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