Gesetzestext

 

(1) 1Die Zwangsvollstreckung gegen den Bund oder ein Land wegen einer Geldforderung darf, soweit nicht dingliche Rechte verfolgt werden, erst vier Wochen nach dem Zeitpunkt beginnen, in dem der Gläubiger seine Absicht, die Zwangsvollstreckung zu betreiben, der zur Vertretung des Schuldners berufenen Behörde und, sofern die Zwangsvollstreckung in ein von einer anderen Behörde verwaltetes Vermögen erfolgen soll, auch dem zuständigen Ministerium der Finanzen angezeigt hat. 2Dem Gläubiger ist auf Verlangen der Empfang der Anzeige zu bescheinigen. 3Soweit in solchen Fällen die Zwangsvollstreckung durch den Gerichtsvollzieher zu erfolgen hat, ist der Gerichtsvollzieher auf Antrag des Gläubigers vom Vollstreckungsgericht zu bestimmen.

(2) 1Die Zwangsvollstreckung ist unzulässig in Sachen, die für die Erfüllung öffentlicher Aufgaben eines in Absatz 1 Satz 1 bezeichneten Schuldners unentbehrlich sind oder deren Veräußerung ein öffentliches Interesse entgegensteht. 2Darüber, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen, ist im Streitfall nach § 766 zu entscheiden. 3Vor der Entscheidung ist das zuständige Ministerium zu hören.

(3) 1Die Vorschriften der Absätze 1 und 2 sind auf die Zwangsvollstreckung gegen sonstige Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechtes mit der Maßgabe anzuwenden, dass an die Stelle der Behörde im Sinne des Absatzes 1 die gesetzlichen Vertreter treten. 2Für öffentlich-rechtliche Bank- und Kreditanstalten gelten die Beschränkungen der Absätze 1 und 2 nicht.

(4) Soll in eine für die Erfüllung öffentlicher Aufgaben unentbehrliche Sache vollstreckt werden, die im Eigentum eines Dritten steht, kann das Vollstreckungsgericht auf Antrag die Zwangsvollstreckung wegen einer Geldforderung gemäß § 766 für unzulässig erklären. Antragsberechtigt sind

1. der Schuldner und
2. der Bund, das Land, die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts.

3Voraussetzung für die Antragsberechtigung nach Satz 2 Nummer 2 ist, dass die Sache zur Erfüllung der jeweiligen öffentlichen Aufgaben der in Satz 2 Nummer 2 genannten Antragsberechtigten dient. 4Vor der Entscheidung ist das zuständige Ministerium zu hören.

(5) Der Ankündigung der Zwangsvollstreckung und der Einhaltung einer Wartefrist nach Maßgabe der Absätze 1 und 3 bedarf es nicht, wenn es sich um den Vollzug einer einstweiligen Verfügung handelt.

A. Anwendungsbereich und Zweck.

 

Rn 1

Die Vorschrift bestimmt besondere Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen gegen bestimmte öffentlich-rechtliche Rechtsträger und Körperschaften. Diese Voraussetzungen müssen zusätzlich zu den allgemeinen und besonderen Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung vorliegen. Nicht jede Vollstreckungsart gegen jede öffentlich-rechtliche Körperschaft fällt unter die Vorschrift. Durch die Norm wird eine Privilegierung der öffentlichen Hand in der Zwangsvollstreckung bewirkt (Fiskusprivileg), die den Verwaltungsabläufen im Hinblick auf ein erweitertes Zeitmoment Rechnung trägt. Für streitige Forderungen stehen oft keine Haushaltsmittel zur Verfügung und das Einstellen außerplanmäßiger Mittel kostet Zeit. Da gerade in der Zwangsvollstreckung ansonsten Schnelligkeit und keine vorherige Information des Schuldners Prinzip sind, wird hier eine Ausnahme geschaffen und ist gerechtfertigt, da die Zahlungsfähigkeit der öffentlichen Hand im Allgemeinen nicht angezweifelt wird. Zudem ist die Verwaltung an Recht und Gesetz gebunden, so das davon auszugehen ist, dass sie titulierte Verbindlichkeiten auch begleicht (BVerfGE 84, 6 [BVerfG 05.03.1991 - 1 BvR 440/83]). Durch die Einschaltung der jeweiligen Dienstvorgesetzten wird die Möglichkeit der freiwilligen Zahlung erweitert. Außerdem soll die weitere Erfüllung der öffentlichen Aufgaben sichergestellt werden. Im Ergebnis geht es demnach um den Schutz öffentlicher Interessen in verschiedener Art und Weise (Schuschke/Walker/Kessen/Thole Rz 4).

I. Zwangsvollstreckung wegen einer Geldforderung.

 

Rn 2

Anwendung findet § 882a nur bei der Zwangsvollstreckung wegen einer Geldforderung. Damit sind die Vollstreckung zur Herausgabe von Sachen, auf Abgabe einer Willenserklärung sowie zur Erwirkung von Handlungen und Unterlassungen sowohl vertretbarer als auch unvertretbarer Art ausgenommen und unterliegen nur den allgemeinen Vorschriften.

 

Rn 3

Weiterhin ausgenommen sind die Vollstreckungsfälle, die zur Verfolgung eines dinglichen Rechts vorgenommen werden. Mit dinglichen Rechten ist der abschließende Katalog der dinglichen Rechte des BGB gemeint. Nicht erfasst ist aber von der Ausnahme die Zwangsvollstreckung wegen einer Geldforderung in das dingliche Vermögen, hier gilt § 882a ebenfalls. Anwendbar ist die Vollstreckungsprivilegierung und die Zuständigkeit des Amtsgerichts auch für die Forderung aus einem Kostenfestsetzungsbeschlu und für die Festsetzung der Kosten der Zwangsvollstreckung, wenn für das Hauptsacheverfahren ein Sozialgericht zuständig war (SG Berlin RVGReport 12, 74).

II. Keine Anwendung bei allen öffentlich-rechtlichen Körperschaften.

 

Rn 4

Für die Zwangsvollstreckung gegen Gemeinden und Gemeindeverbände gilt die Vorschrift nicht wegen § 15 Nr 3 EGZPO. H...

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