Rn 2

Die Wirkungen der Kündigung des Mandatsverhältnisses oder des Widerrufs der Vollmacht treten im Innenverhältnis sofort ein (§ 86 Rn 3), dieses wird nicht als fortbestehend fingiert (BGH NJW 59, 2307, 2308; 65, 1019, 1020 [BGH 05.02.1965 - V ZB 12/64]). Im Außenverhältnis treten die Wirkungen erst ein, wenn die weiteren Voraussetzungen nach Abs 1 erfüllt sind, es sei denn, die Bevollmächtigung war noch nicht mitgeteilt worden und der Bevollmächtigte war noch nicht als Vertreter aufgetreten (BGH NJW 59, 2307, 2308 [BGH 07.10.1959 - IV ZR 68/59]). Trotz des Wortlauts entspricht es allgM, dass dies auch im Verhältnis zum Gericht (BGH NJW 80, 999; VersR 85, 1185, 1186; FamRZ 04, 865; Zö/Althammer § 87 Rz 3; Musielak/Voit/Weth § 87 Rz 3) und für die Fälle des Widerrufs der Vollmacht oder der Bestellung (Bremen OLGR 06, 418, 419) und die Mandatsniederlegung durch den Anwalt (Zö/Althammer § 87 Rz 3) gilt.

I. Parteiprozess.

 

Rn 3

Zur Beendigung der Vollmacht im Außenverhältnis ist die alleinige Anzeige des Erlöschens erforderlich, der Bestellung eines neuen Prozessbevollmächtigten bedarf es nicht. Eine besondere Form ist nicht vorgeschrieben; dies kann deshalb durch jede Art von Mitteilung durch die Partei selbst oder ihres Prozessbevollmächtigten geschehen (BGH NJW 80, 2309, 2310 [BGH 21.05.1980 - IVb ZB 567/80]), aus der sich zweifelsfrei ergibt, dass die Vollmacht erloschen ist. Unter diesen Voraussetzungen genügt auch eine stillschweigende Erklärung (Kobl NJW-RR 97, 1023 [OLG Koblenz 05.06.1996 - 14 W 288/96]). Die Anzeige ist auch dann notwendig, wenn Gericht oder Gegner bereits auf andere Weise Kenntnis erlangt haben (St/J/Jacoby § 87 Rz 9; MüKoZPO/Toussaint § 87 Rz 4; Musielak/Voit/Weth § 87 Rz 4). Wirkung erlangt die Anzeige nur ggü dem jeweiligen Empfänger der Mitteilung mit Zugang bei diesem (BGH NJW-RR 20, 1191 [BGH 18.06.2020 - I ZB 83/19] Rz 9; St/J/Jacoby § 87 Rz 10; Zö/Althammer § 87 Rz 1; Musielak/Voit/Weth § 87 Rz 4).

II. Anwaltsprozess.

 

Rn 4

Im Anwaltsprozess muss zu der Anzeige der Kündigung noch die Anzeige der Bestellung eines neuen namentlich zu bezeichnenden (BGH VersR 85, 1185, 1186) Anwalts hinzutreten, um die bisherige Prozessvollmacht im Außenverhältnis zu beenden (BGH NJW 07, 2124, 2125 [BGH 25.04.2007 - XII ZR 58/06]). Auch diese Anzeige ist formlos möglich, sie muss eindeutig sein (Köln OLGR 92, 96). Ob die schlichte Anzeige der Bestellung eines neuen Anwalts die Anzeige des Widerrufs der Vollmacht des bisherigen beinhaltet, ist wegen § 84 nicht selbstverständlich (§ 84 Rn 2), muss durch Auslegung ermittelt werden und kommt nicht in Betracht, wenn keine vorherige oder gleichzeitige Anzeige des Erlöschens erfolgt ist (BGH NJW 80, 2309, 2310; 07, 3640, 3642; FamRZ 04, 865; Musielak/Voit/Weth § 87 Rz 5; Zö/Althammer§ 87 Rz 2). Diese Wirkungen können nur eintreten, wenn der neue Anwalt postulationsfähig ist (BGH NJW 07, 2124, 2125 [BGH 25.04.2007 - XII ZR 58/06]). Die Vorschrift findet keine Anwendung, wenn der Anwalt seine Postulationsfähigkeit verloren hat (Köln OLGR 08, 571). Selbst die alleinige Bezeichnung des neuen Anwalts als Prozessbevollmächtigten in einer Rechtsmittelschrift beinhaltet noch nicht zwingend die Anzeige des Erlöschens (Bremen OLGR 06, 418, 419). Die Vollmacht gilt auch im Vollstreckungsverfahren nach §§ 887, 888, 890 fort (arg ›Prozessgericht‹; vgl. Frankf NJW-RR 20, 384 Rz 4). In einem selbstständigen Nebenverfahren, in dem der Anwaltszwang nicht gilt, genügt die bloße Anzeige auch dann, wenn für das zugehörige Hauptverfahren Anwaltszwang besteht (KG NJW 72, 543, 544 [KG Berlin 23.07.1971 - 1 W 1138/71]; Karlsr OLGR 98, 56; Köln Beschl v 5.11.08 – 17 W 259/08, Rz 8 für das Kostenfestsetzungsverfahren; aA Bremen NJW-RR 86, 358; vgl allg Zö/Althammer § 87 Rz 3; Musielak/Voit/Weth § 87 Rz 5). Ob in einem solchen Verfahren der Antragstellung durch die Partei selbst die Anzeige der Kündigung zu entnehmen ist, muss durch Auslegung ermittelt werden (Kobl NJW-RR 97, 1023 [OLG Koblenz 05.06.1996 - 14 W 288/96]). Dies gilt auch dann, wenn ein zur Selbstvertretung berechtigter Anwalt (§ 78 IV) davon keinen Gebrauch macht und sich für ihn ein Prozessbevollmächtigter bestellt. Dieser bleibt Ansprechpartner des Gerichts, bis sich ein neuer Bevollmächtigter bestellt oder der Anwalt angezeigt hat, dass er sich nunmehr selbst vertreten möchte (BFH Beschl v 10.11.15 – VII B 91/15 Rz 3). Diese Grundsätze sind nach dem mit der Norm verfolgten Zweck auch anzuwenden, wenn der ›Vollmachtvertrag‹ nicht gekündigt, sondern einvernehmlich aufgehoben wurde.

III. Rechtsfolgen.

 

Rn 5

Sobald die nach Abs 1 erforderliche Anzeige erfolgt ist, erlischt die Prozessvollmacht im Außenverhältnis ex nunc mit der Folge, dass der bisherige Prozessbevollmächtigte seine Stellung als Ansprechpartner für Gericht und Gegner vollständig verliert (BGH NJW 91, 295, 296). Im Anwaltsprozess tritt diese Rechtsfolge nur dann ein, wenn zur Anzeige noch die Bestellung eines neuen Anwalts hinzutritt. Bis dahin gilt im Außenverhältnis die Vollmacht als fortbestehend (BGH NJW 80...

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