Rn 14

Berücksichtigt werden dürfen nur die unterhaltsberechtigten Personen, denen der Schuldner aufgrund einer gesetzlichen Verpflichtung tatsächlich Unterhalt gewährt (LG Kassel JurBüro 04, 558). Unterhaltsberechtigte, denen der Schuldner keinen Bar- oder Naturalunterhalt (AG Fürstenwalde JurBüro 22, 553) leistet, bleiben unberücksichtigt (LG Braunschweig JurBüro 13, 273; LG Bonn JurBüro 20, 609). Falls keine gegenteiligen Anhaltspunkte bestehen, darf der Drittschuldner von den Angaben des Schuldners etwa im Lebenslauf oder den Daten der Lohnsteuerkarte (LAG Hamm BeckRS 11, 78953; BeckRS 15, 71471) bzw den Elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmalen (ELStAM) ausgehen (Einzelheiten Rn 28). Bei fehlenden Angaben zum Einkommen eines unterhaltspflichtigen Elternteils soll davon ausgegangen werden können, dass dieser mindestens den sozialhilferechtlichen Regelsatz sowie Leistungen für Unterkunft und Heizung und den Regelsatz für das Kind bezieht (LG Oldenburg JurBüro 21, 439; AG Wuppertal JurBüro 22, 613; AG Leverkusen JurBüro 23, 52). Dies muss zumindest seitens des Gläubigers vorgetragen sein. Unerheblich ist, ob der Unterhalt als Bar- oder Naturalunterhalt geleistet wird. Unterhalt leistet der Schuldner regelmäßig ggü den unterhaltsberechtigten Personen, mit denen er in einem Haushalt lebt. Bei Ehegatten in einem gemeinsamen Haushalt ist grds von gegenseitigen Unterhaltsleistungen auszugehen (BGH NJW 12, 393 [BGH 03.11.2011 - IX ZR 45/11] Rz 9; BAG NJW 13, 3532 Rz 15). Lebt der Schuldner mit seinem Ehegatten in häuslicher Gemeinschaft, ist davon auszugehen, dass die Ehegatten einander nach §§ 1360, 1360a BGB Naturalunterhalt leisten. Der Ehegatte ist deswegen unabhängig von einer Geldleistung des Schuldners als unterhaltsberechtigte Person nach Abs 2 zu berücksichtigen. Nach Auflösung der häuslichen Gemeinschaft ist der getrennt lebende Ehegatte nur dann als unterhaltsberechtigte Person zu berücksichtigen, wenn der Schuldner ihr tatsächlich Unterhalt geleistet hat (BAG NJW 13, 3532 [BAG 28.08.2013 - 10 AZR 323/12] Rz 21). Diese regelmäßige Berücksichtigung gilt ebenso ggü seinem Lebenspartner wie Kindern oder Elternteilen. Der Freibetrag ist also auch zu gewähren, wenn der Unterhaltsberechtigte einen eigenen Haushalt führt. Die Leistung kann freiwillig oder zwangsweise durch Pfändung und Überweisung von Arbeitseinkommen erfolgen (LSG NW Rpfleger 84, 278). Es genügt, wenn mit der Zahlung Unterhaltsrückstände getilgt werden (LG Münster Rpfleger 01, 608, 609). Die Leistung von Teilunterhalt ist ausreichend (Meller-Hannich DGVZ 09, 69, 73). Auch hier gelten typisierte Erwägungen, wie sie den Pfändungsfreibeträgen insgesamt zugrunde liegen. Im Interesse einer praktikablen Gestaltung hat der Gesetzgeber bewusst davon abgesehen, die Zubilligung der unterhaltsbedingten Freibeträge von einzelfallbezogenen Feststellungen zur Höhe der Unterhaltsverpflichtung abhängig zu machen (BGH NJW-RR 07, 938 Rz 12). Es kommt daher nicht darauf an, ob der gesetzlich geschuldete Unterhalt den jeweiligen Pauschalbetrag erreicht oder übersteigt (BGH NJW-RR 07, 938 [BGH 28.03.2007 - VII ZB 94/06] Rz 10; NJW 08, 227 [BGH 31.10.2007 - XII ZR 112/05] Rz 29). Die Freibeträge können deshalb allenfalls in besonders gelagerten Einzelfällen herabgesetzt werden, in denen die Inanspruchnahme des dem unterhaltsverpflichteten Schuldner eingeräumten Vollstreckungsfreiraums unbillig ist und deshalb die Verwirklichung des mit der Einführung von Pauschalbeträgen verfolgten Zwecks ausnahmsweise hinter dem Vollstreckungsinteresse des Gläubigers zurücktreten muss. Eine Unterhaltsleistung von weniger als 10 % des nach der Düsseldorfer Tabelle geschuldeten Unterhaltsbetrags ist dafür nicht ausreichend (BGH WM 10, 2231 Rz 11).

 

Rn 15

Sofern der Schuldner Unterhalt leistet, ist der zusätzliche Freibetrag selbst dann zu gewähren, wenn die unterhaltsberechtigte Person über eigene Einkünfte verfügt (BGH NJW 12, 393 [BGH 03.11.2011 - IX ZR 45/11] Rz 9; BAG NJW 13, 3532 [BAG 28.08.2013 - 10 AZR 323/12] Rz 17). Dies gilt nur dann nicht, wenn das Vollstreckungsgericht aufgrund eines Antrags nach Abs 6 eine abweichende Anordnung getroffen hat (Rn 30 ff). Leistet der Schuldner den Unterhalt zusammen mit einer anderen Person, etwa zusammen mit seinem Ehepartner für die gemeinsamen Kinder, ist für ihn der volle Freibetrag anzusetzen (aA LG Ansbach JurBüro 10, 50, hälftiger Freibetrag). Bei einer gegen beide Ehegatten gerichteten Zwangsvollstreckung können grds beide den erhöhten pfändungsfreien Betrag beanspruchen, wenn beide gemeinschaftlichen ehelichen Kindern Unterhalt gewähren (BAG MDR 75, 695, 696 [BAG 21.01.1975 - 5 AZR 200/74]; Zö/Herget § 850c Rz 7).

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