Rn 8

Nr 2 Alt 1 betrifft die Pfändbarkeit von Unterhaltsrenten, nicht die Pfändung wegen Unterhaltsansprüchen (BGH NZI 06, 593, 594). Die Unterhaltsrente muss auf einer gesetzlichen Vorschrift beruhen, etwa als Verwandtenunterhalt, §§ 1589, 1601, 1615a BGB, als Ehegattenunterhalt, § 1361 BGB, als Scheidungsunterhalt, §§ 1569 ff BGB, als Unterhalt der Lebenspartner, §§ 5, 12 LPartG, oder früheren Lebenspartner, § 16 LPartG, als Unterhalt der nichtehelichen Mutter, § 1615l BGB, der werdenden Mutter eines Erben, § 1963 BGB, bzw Nacherben, § 2141 BGB, iRe Nachlassverbindlichkeit, § 1586b, oder als Unterhalt der Familienangehörigen des Erblassers, § 1969 BGB (krit zur Verfassungskonformität Foerste NJW 06, 2945).

 

Rn 9

Unerheblich ist, ob der gesetzlich begründete Anspruch durch Vertrag (BGHZ 31, 210, 218), Vergleich oder Urt ausgestaltet wurde. Übersteigt der vertragliche Anspruch die gesetzliche Verpflichtung, besteht der Pfändungsschutz nur bis zur gesetzlichen Höhe (Musielak/Voit/Flockenhaus § 850b Rz 3). Die Unterhaltsrente muss auf Geld gerichtet sein (LG Berlin Rpfleger 78, 334). Der Anspruch aus den §§ 1360, 1360a BGB ist daher grds nicht nach Nr 2 pfändbar, denn eine Unterhaltsgewährung durch Zahlung einer Geldrente steht nicht mit der Vorstellung einer ehelichen Lebensgemeinschaft im Einklang, vgl § 1360a II 1 BGB (LG Frankenthal Rpfleger 83, 256; MüKoBGB/Weber-Monecke § 1360 Rz 22; s.a. Rn 10). Nach dem Normzweck werden auch einmalig zu zahlende Unterhaltsbeträge erfasst (BGH NJW 97, 1441 [BGH 29.01.1997 - XII ZR 221/95]; aA St/J/Würdinger § 850b Rz 13). Unpfändbar sind als Einmalzahlung geleistete Unterhaltsrückstände (BGHZ 31, 210, 218) ebenso wie Unterhaltsabfindungen (BGH NJW-RR 02, 1513, 1514; aA Celle NJW 60, 1015). Der Anspruch auf Freistellung von einer Arztforderung wegen der Entbindung eines Kindes soll nach Nr 2 für Anlassgläubiger pfändbar sein (LG Münster Rpfleger 05, 270), doch ist er nach § 851 unpfändbar. Der Prozesskostenvorschuss nach § 1360a IV BGB ist gem § 851 unpfändbar (BGHZ 94, 316, 32; Baur/Stürner/Bruns Rz 24.18). Nicht erfasst sind ausschließlich vertraglich begründete Ansprüche. Für die Unpfändbarkeit eines Unterhaltsanspruchs bleibt auch dann kein Raum, wenn die Vertragsparteien die von ihnen gewollte Unterhaltspflicht völlig auf eine vertragliche Grundlage gestellt und den Zahlungsanspruch damit seines Wesens als eines gesetzlichen Anspruchs entkleidet haben (BGH NJW-RR 02, 1513, 1514f [BGH 29.05.2002 - XII ZR 263/00]). Allerdings wird sich eine solche Willensrichtung der Vertragsparteien nur bei Vorliegen besonderer dafür sprechender Umstände annehmen lassen.

 

Rn 10

Jeder Ehegatte hat einen Taschengeldanspruch auf einen angemessenen Teil des Gesamteinkommens (PWW/Kleffmann § 1360a Rz 6). Das Taschengeld eines Ehegatten ist grds unterhaltspflichtiges Einkommen und deshalb für Unterhaltszwecke einzusetzen, soweit der jeweils zu beachtende Selbstbehalt des Unterhaltspflichtigen gewahrt bleibt. Das gilt auch bei Inanspruchnahme auf Elternunterhalt (BGH NJW 14, 3514 Tz 11). Der Taschengeldanspruch ist zur Schuldtilgung einsetzbar und nach Maßgabe von § 850b I Nr 2 Alt 1, II bedingt pfändbar (BGH NJW 04, 2450; Hamm ZVI 02, 195 mwN; auch Stuttg Rpfleger 01, 557; aA MüKoZPO/Smid § 850b Rz 6). Der Taschengeldanspruch besteht zwischen Eltern und Kindern (PWW/Kleffmann Vor § 1577 Rz 31). Der Taschengeldanspruch steht nicht nur dem einkommenslosen Ehegatten zu, sondern kommt auch für den zuverdienenden Ehegatten in Betracht, wenn der Taschengeldanspruch höher als das Eigeneinkommen ist (BGH NJW 98, 1553). Dem geringer verdienenden Ehegatten steht dieser Anspruch gegen den Besserverdienenden nur zu, wenn sein Eigeneinkommen nicht zur Befriedigung ausreicht (BGH NJW 98, 1553, 1554; LG Göttingen ZInsO 11, 885, 886). Das Taschengeld richtet sich als Teil des Familienunterhalts hinsichtlich seiner Höhe nach dem bereinigten Gesamtnettoeinkommen (BGH NJW 14, 3514 [BGH 01.10.2014 - XII ZR 133/13] Tz 11). Beim bereinigten Nettoeinkommen sind die berufsbedingten Aufwendungen, die Kosten einer zusätzlichen Krankenversicherung sowie einer privaten Altersversorgung in Höhe von bis zu 5 % des Jahresbruttoeinkommens abzuziehen und Steuererstattungen hinzuzurechnen (BGH NJW 13, 686 [BGH 12.12.2012 - XII ZR 43/11] Tz 34f). Ein Anspruch auf Taschengeld besteht in Höhe von 5–7 % des bereinigten Einkommens (zur Berechnung BGHZ 196, 21 Rz 31 ff). In die Billigkeitsentscheidung sind neben den sonstigen Abwägungskriterien (Rn 25 ff) auch die Belastungen einzubeziehen, die für die Ehe des Schuldners aufgrund der Pfändung entstehen können (BGH NJW 04, 2450, 2452, auch zu den anderen Kriterien), denn der leistungsfähige Ehepartner wird häufig nochmals einen entspr Betrag zur Verfügung stellen. Regelmäßig ist die Pfändung nur dann billig, wenn im Vergleich zu anderen Fällen besondere Umstände vorliegen, etwa weil wegen privilegierter Forderungen vollstreckt wird (Hamm ZVI 02, 195, 196; Zö/Herget § 850b Rz 19). Ein...

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