Rn 10

Die von der Fremdauskunft erfassten Bereiche sind für die Vollstreckung typischerweise von entscheidender Bedeutung (Würdinger JZ 11, 177, 182), da das Arbeitseinkommen des Schuldners, dessen Kontoguthaben und dessen Kraftfahrzeug wichtige Zugriffsgegenstände sind. Auf diese Bereiche ist die Auskunftsmöglichkeit zum Schutz der informationellen Selbstbestimmung des Schuldners aber auch beschränkt (BTDrs 16/10069, 32), so dass weitere Fremdauskünfte nicht eingeholt werden können. Der Schuldner wurde auf die Möglichkeit von Fremdauskünften im Rahmen der Belehrung vor Abgabe der Vermögensauskunft schon hingewiesen (§ 802f Rn 7); er wird im Nachhinein auch nochmals informiert (u Rn 16).

1. Arbeitsverhältnis des Schuldners (Nr 1).

 

Rn 11

Auskunftsverpflichtet sind die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung (Bundesträger und Regionalträger der Deutschen Rentenversicherung) und die berufsständischen Versorgungseinrichtungen iSd § 6 I 1 Nr 1 SGB VI. Erhoben werden können – wenn es sich bei dem Arbeitgeber des Schuldners um eine natürliche Person handelt – dessen Namen und Vornamen oder – wenn es sich bei dem Arbeitgeber um eine Personengesellschaft oder eine juristische Person handelt – die Firma, sowie die Anschrift des Arbeitgebers (klarstellend BTDrs 19/27636, 26). Die Anfrage bei den Trägern der gesetzlichen Rentenversicherung läuft so ab, dass der Gerichtsvollzieher den zuständigen Rentenversicherungsträger oder die Rentenversicherungsnummer nicht erst ermitteln muss, sondern sein Ersuchen an jeden Träger der gesetzlichen Rentenversicherung richten kann. Kennt der ersuchte Träger die Daten, beantwortet er die Anfrage selbst; ansonsten leitet er das Gesuch an den zuständigen Rentenversicherungsträger weiter, der die angefragten Daten schließlich übermittelt (vgl BTDrs 16/13432, 44). Ursprünglich war geplant, die Abfrage über die gemeinsame Datenstelle der Rentenversicherungsträger und die Einzugsstelle für den Gesamtsozialversicherungsbeitrag laufen zu lassen (BTDrs 16/10069, 32). Es spricht einiges dafür, dass die Abfrage bei der Datenstelle nach wie vor zumindest möglich ist, damit der Gerichtsvollzieher zielgerichtet den zuständigen Rentenversicherungsträger herausfinden kann. Der Eingriff in das Sozialdatengeheimnis soll wegen des durch Art 14 GG garantierten Rechts auf effektive Gläubigerbefriedigung legitim sein (BTDrs 16/10069, 32).

 

Rn 11a

Die durch Gesetz vom 7.5.21 (BGBl I S 850) mWz 1.1.22 eingeführte Option der Erhebung von Daten über derzeitige Arbeitgeber des Schuldners bei berufsständischen Versorgungseinrichtungen tritt neben die Abfragemöglichkeit bei Trägern der Rentenversicherung; die Anfragen schließen einander nicht aus (BTDrs 19/29398, 6). Mit der neu geschaffenen Abfrageoption endet die nicht begründbare Privilegierung von Schuldnern, die in einem berufsständischen Versorgungswerk versichert sind (BTDrs 19/27636, 46). Betroffen sind die kammerfähigen freien Berufe, dh Ärzte, Rechtsanwälte, Steuerberater etc. Indes gelten für Abfragen bei berufsständischen Versorgungseinrichtungen zusätzliche prozedurale Anforderungen: Die Datenerhebung ist gem S 3 in diesen Fällen nur zulässig, wenn der Gläubiger die berufsständische Versorgungseinrichtung bezeichnet und tatsächliche Anhaltspunkte nennt, die nahelegen, dass der Schuldner dort Mitglied ist. Erklärtes Ziel des Gesetzgebers ist, damit Erhebungen ›ins Blaue hinein‹ auszuschließen (BTDrs 19/29398, 7 bzw 5). An die tatsächlichen Anhaltspunkte sollen ›keine zu geringen Anforderungen‹ gestellt werden (BTDrs 19/29398, 7 bzw 5). Daran gemessen erscheint als ausreichend etwa ein Eintrag im bundesweiten Amtlichen Anwaltsverzeichnis der BRAK, was auf die Mitgliedschaft im für die jeweilige Rechtsanwaltskammer zuständigen Versorgungswerk hindeutet (BeckOKZPO/Fleck § 802l Rz 7 mit weiteren Bsp). Angesichts der nötigen Vorkenntnisse des Gläubigers ist fraglich, ob die Möglichkeit der Datenabfrage bei berufsständischen Versorgungseinrichtungen überhaupt praktische Relevanz erhält (Mroß DGVZ 21, 229, 233; vgl auch Waldschmidt JurBüro 21, 286, 287).

 

Rn 11b

Die mit der Auskunftspflicht korrespondierende Auskunftsbefugnis der gesetzlichen Rentenversicherungsträger ist bundesgesetzlich normiert in § 74a II SGB X. Hingegen fällt die Regelung der Auskunftsbefugnis der berufsständischen Versorgungseinrichtungen in die Gesetzgebungskompetenz der Länder (vgl BTDrs 19/27636, 49). Gebrauch gemacht haben hiervon bisher (Stand: 6.3.23) die Länder Baden-Württemberg (Gesetz v 6.12.22, GBl für Baden-Württemberg Nr 39, S 617), Bremen (Gesetz v 14.12.21, GBl. der Freien Hansestadt Bremen Nr 146/21, S 910), Hessen (Gesetz v 15.11.21, Hessisches Gesetz- und Verordnungsblatt Nr 46/21, S 729), Niedersachsen (Gesetz v 16.12.21, Niedersächsisches Gesetz- und Verordnungsblatt Nr 48/21, S 891), Rheinland-Pfalz (Gesetz v 7.12.22, GVBl für das Land Rheinland-Pfalz Nr 27, 405), Saarland (Gesetz v 16.03.22, Amtsblatt des Saarlandes Nr 23/22, S 638) und Sachsen-Anhalt (Gesetz v 16.2.23, GVBl LSA Nr 3 S 37).

 

Rn 12

Die nF des § 8...

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