Gesetzestext

 

1Zum Zwecke der Streitverkündung hat die Partei einen Schriftsatz einzureichen, in dem der Grund der Streitverkündung und die Lage des Rechtsstreits anzugeben ist. 2Der Schriftsatz ist dem Dritten zuzustellen und dem Gegner des Streitverkünders in Abschrift mitzuteilen. 3Die Streitverkündung wird erst mit der Zustellung an den Dritten wirksam.

A. Form der Streitverkündung.

 

Rn 1

Die Bestimmung regelt Form und Inhalt der Streitverkündung. Die Formerfordernisse dienen mit Rücksicht auf die Bindungswirkung der §§ 74, 68 dem Schutz des Dritten. Dem Anwendungsbereich der Vorschrift unterliegen sämtliche, auch spezialgesetzlich geregelte, Arten der Streitverkündung einschließlich der §§ 75 ff. Die Streitverkündung erfolgt durch Einreichung eines bestimmenden Schriftsatzes (§ 129 I) beim Prozessgericht. Auch im Anwaltsprozess besteht kein Anwaltszwang, weil die Streitverkündung – abw von der Nebenintervention – zu Protokoll der Geschäftsstelle erklärt werden kann. Diese Erleichterung beruht darauf, dass der Dritte noch nicht Verfahrensbeteiligter ist (BGHZ 92, 251, 253 = NJW 85, 328). Falls der Schriftsatz von einem Anwalt gefertigt und eingereicht wird, muss er, um Wirksamkeit zu entfalten, von diesem unterzeichnet werden. Der Mangel wird durch Nachholung der Unterschrift geheilt (BGHZ 92, 251, 254 = NJW 85, 328). Der Schriftsatz wird dem Streitverkündeten als Wirksamkeitsvoraussetzung vAw zugestellt (§ 73 S 3) und dem Gegner formlos mitgeteilt. Wird die Unterrichtung der Gegenpartei versäumt, ist dies unschädlich. Soweit die Streitverkündung unstatthaft ist (§ 72 II), hat die Zustellung zu unterbleiben (BGHR 07, 415; NJW 06, 3214 [BGH 27.07.2006 - VII ZB 16/06]; 17, 3718 [BGH 19.09.2017 - XI ZB 13/14] Rz 22 ff). Die Zustellung hängt jedoch nicht von der Zulässigkeit der Streitverkündung ab, die im Folgeprozess zu prüfen ist (Köln NJW 15, 3317). Eine sofortige Beschwerde des Dritten gegen die Zustellung der Streitverkündungsschrift ist – anders als die sofortige Beschwerde gegen die Verweigerung der Zustellung – unzulässig (Frankf BauR 2013, 828 Rz 1).

B. Inhalt des Schriftsatzes.

 

Rn 2

Der Wille, einem bestimmten Dritten den Streit zu verkünden, muss aus dem Schriftsatz hervorgehen. Die Erklärung darf nicht an eine Bedingung geknüpft werden (BGH NJW-RR 89, 766f [BGH 19.01.1989 - IX ZR 83/88]). Ferner ist der Grund der Streitverkündung (BGH NJW 08, 519, 521 [BGH 06.12.2007 - IX ZR 143/06]) und die Lage des Rechtsstreits anzugeben. Zu diesem Zweck sind die Parteien und das Gericht, wo der Rechtsstreit schwebt, zu bezeichnen und der tatsächliche Hintergrund des Streitgegenstands zu umreißen. Die Höhe des Anspruchs braucht nicht angegeben zu werden. Bisher ergangene Entscheidungen und Beweiserhebungen sind zu konkretisieren; der Streitverkündete ist über einen anberaumter Termin in Kenntnis zu setzen. Inhaltlich muss der Streitverkündungsschriftsatz so klar gefasst sein, dass der Streitverkündete die Notwendigkeit eines Beitritts prüfen kann (BGH NJW 02, 1414; WM 10, 372 Rz 9; NJW 12, 674 Rz 14). Die Streitverkündigungsschrift genügt den Konkretisierungserfordernissen, wenn in ihr der Anspruchsgrund in ausreichendem Maße bezeichnet – etwa durch die Erhebung einer Mängelrüge (München NJW 16, 2371 Rz 36) – wird. Erfährt ein Nachunternehmer, der von seinem Hauptunternehmer bereits außergerichtlich fruchtlos auf Beseitigung konkreter Baumängel in Anspruch genommen worden ist, durch dessen Streitverkündung, dass er seinerseits wegen dieser – die Leistungen des Nachunternehmers betreffenden – Sachmängel an dem konkreten Bauvorhaben vom Bauherrn auf Schadensersatz und Mangelbeseitigungskostenvorschuss verklagt wurde, so tritt der Grund für die Streitverkündung für deren Empfänger hinreichend zutage (Brandbg NJW 21, 78 [BGH 22.07.2020 - XII ZB 228/20] Rz 21). Fehlen die erforderlichen Mindestangaben, wird die Verjährung nicht unterbrochen oder gehemmt (BGH NJW 21, 674 Rz 14). Eine Streitverkündungsschrift, die nicht das volle Rubrum (insoweit kritisch Manteufel NJW 21, 1827) enthält, den Streitverkündungsgrund nur so bezeichnet, dass offenbleibt, welche Mängel gemeint sind, und nicht die Lage des Rechtsstreits angibt, sondern stattdessen lediglich eine Kopie der Gerichtsakte beifügt, erfüllt nicht die Anforderungen an eine wirksame Streitverkündung und hat keine verjährungshemmende Wirkung (Frankf NJW 21, 1825 [OLG Frankfurt am Main 22.01.2021 - 29 U 166/19] Rz 32 ff). Da der Streitverkündete ein Recht auf Akteneinsicht hat, ist die Mitteilung von Abschriften des Akteninhalts entbehrlich. Über die Zulässigkeit der Streitverkündung wird nicht im Prozess der Hauptparteien, sondern in einem etwaigen späteren Prozess entschieden.

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