Rn 6

Die Regelung des Abs 2 entspricht derjenigen des § 557 I, III für das Revisionsverfahren. Der Umfang der Begründetheitsprüfung wird durch die Rechtsbeschwerdeanträge und (ggf) die Anschlussanträge begrenzt (Abs 2 S 1). Es handelt sich um eine Ausprägung des Grundsatzes ›ne eat iudex ultra petita partium‹ (vgl § 308 I). Wird die Beschwerdeentscheidung nur tw zur Überprüfung gestellt, kann sie auch nur tw aufgehoben oder abgeändert werden. Keine Bindung besteht dagegen an die geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe (Abs 2 S 2). Das Rechtsbeschwerdegericht ist daher zu einer umfassenden Rechtsprüfung berechtigt und verpflichtet. Es prüft also vAw die Anwendung des für den zu beurteilenden Sachverhalt maßgeblichen materiellen Rechts. Das gilt auch für die kraft Gesetzes statthafte Rechtsbeschwerde gem § 574 I 1 Nr 1. Das Rechtsbeschwerdegericht prüft zwar nur diejenigen Zulässigkeitsgründe des § 574 II, die in der Rechtsbeschwerdebegründung dargelegt sind (§ 575 III Nr 2). Ist die Rechtsbeschwerde jedoch zulässig, ist das Rechtsbeschwerdegericht nicht auf die Grundsatzfragen, die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rspr beschränkt, die zur Zulässigkeit geführt haben (BGH WRP 15, 726 [BGH 23.10.2014 - I ZB 61/13] Rz 6). Eine Ausnahme enthält S 3 für nicht vAw zu berücksichtigende Verfahrensmängel. Sie sind nur zu beachten, wenn sie in der Rechtsbeschwerdebegründungsschrift oder in der Anschlussschrift (§§ 575 III, 574 IV 2) gerügt worden sind. Das gilt auch für den absoluten Rechtsbeschwerdegrund der nicht vorschriftsmäßigen Besetzung des Beschwerdegerichts, solange nicht willkürlich entschieden wurde (§§ 576 III, 547 Nr 1; vgl BGH NJW 21, 941 Rz 13 f; WM 21, 2207 Rz 6). Ob die Voraussetzungen eines unbestimmten Rechtsbegriffs erfüllt sind, hat in erster Linie der Tatrichter zu entscheiden; das Rechtsbeschwerdebericht kann dessen Würdigung nur eingeschränkt daraufhin überprüfen, ob er die maßgebenden Tatsachen vollständig und fehlerfrei festgestellt und gewürdigt, Rechtsbegriffe verkannt oder Erfahrungssätze verletzt und die allgemein anerkannten Maßstäbe berücksichtigt und richtig angewandt hat (BGH MDR 10, 1305 [BGH 15.09.2010 - XII ZR 188/08]; NJW 12, 2194 [BGH 08.05.2012 - VI ZR 196/11] Rz 6; MDR 12, 1377). Auch im Rechtsbeschwerdeverfahren gilt das Verbot der Schlechterstellung des Rechtsmittelführers (BGH WM 20, 288 [BGH 19.12.2019 - IX ZB 83/18] Rz 23).

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