Rn 10

Eine höchstrichterliche Entscheidung ›zur Fortbildung des Rechts‹ ist nach der Vorstellung des Reformgesetzgebers dann erforderlich, wenn der zu entscheidende Fall Veranlassung gibt, Leitsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen des materiellen oder des formellen Rechts aufzustellen oder Gesetzeslücken auszufüllen (BTDrs 14/4722, 104). Dies setzt voraus, dass für die rechtliche Beurteilung typischer Lebenssachverhalte eine richtungsweisende Orientierungshilfe ganz oder tw fehlt (BGHZ 151, 221, 225 = NJW 02, 3029; BGH WuM 22, 53, Rz 17). Eine Abgrenzung der Zulässigkeitsgründe der grundsätzlichen Bedeutung einerseits, der Fortbildung des Rechts andererseits ist oft schwierig, im Ergebnis – auch im Hinblick auf das Begründungserfordernis des § 575 III Nr 2; für beide Tatbestände gelten die gleichen Anforderungen (vgl dazu § 544 Rn 15) – aber auch nicht erforderlich. Der amtlichen Begründung zufolge sollten die Zulassungsgründe der ›Fortbildung des Rechts‹ und der ›Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung‹ einer zu engen Auslegung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung vorbeugen (BTDrs 14/4722, 104). Der Zulässigkeitsgrund der Rechtsfortbildung kann als Unterfall des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung aufgefasst werden (BGH MDR 10, 229 f Rz 4; BGH 26.1.12, IX ZR 69/11, Rz 5). Neben der Ausfüllung von Lücken im Gesetz und der Konkretisierung von Generalklauseln und unbestimmten Rechtsbegriffen kommt richterliche Rechtsfortbildung auch bei der Anpassung überholter Rechtsvorschriften an veränderte Gesetzesgrundlagen und bei der Verwerfung von Rechtsnormen außerhalb des verfassungsgerichtlichen Monopols (Art 100 I GG) in Frage.

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