Rn 9

Die Anforderungen des § 551 III 1 Nr 2 lit a entsprechen § 520 III 2 Nr 2; auf § 520 Rn 31–39 wird daher Bezug genommen. Dem Zweck der Revision entsprechend verlangt § 551 III 1 Nr 2 lit a die bestimmte Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung (§§ 545, 546) ergibt. Die Rechtsverletzung muss konkret bezeichnet werden, wobei die unrichtige oder fehlende Angabe der Paragrafenziffer unschädlich ist, wenn die Richtung des Revisionsangriffs erkennbar ist (Musielak/Voit/Ball § 551 Rz 9; Zö/Heßler § 551 Rz 11). Der Revisionskläger muss in der Revisionsbegründung darlegen, in welchen Punkten und aus welchen Gründen die tragenden Erwägungen des Berufungsgerichts rechtsfehlerhaft sind. Betrifft die angegriffene Entscheidung mehrere prozessuale Ansprüche, ist grds für jeden Anspruch eine den Anforderungen des § 551 III 1 Nr 2a genügende Begründung der Revision erforderlich. Wenn die Entscheidung jedoch auf einem einheitlichen, allen Ansprüchen gemeinsamen Grund beruht, genügt es, wenn die Revisionsbegründung diesen einheitlichen Grund insgesamt angreift (BGH 17.7.13 – I ZR 129/08 juris Tz 16, 18 – UsedSoft II – juris). Wird für eine zugelassene und eingelegte Revision versehentlich die Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde eingereicht, genügt dies als Revisionsbegründung, wenn die eingereichte Begründung den Anforderungen des § 551 III inhaltlich entspricht und dem Umfang des Revisionsangriffs klar erkennen lässt (BGH NJW-RR 05, 794f [BGH 17.02.2005 - IX ZR 159/03]).

Allerdings betrifft § 551 III 1 Nr 2 lit a ausschließlich die Zulässigkeit der Revision. Ist ein Anspruch durch Erhebung auch nur einer einzigen hinreichenden Sachrüge zulässig in das Revisionsverfahren eingeführt worden, ist die materiell-rechtliche Überprüfung des Berufungsurteils nicht von weiteren Revisionsrügen abhängig (§ 557 III 1; vgl § 557 Rn 11). Vielmehr überprüft das Revisionsgericht das angefochtene Urteil im Rahmen der gestellten Anträge unter allen (materiell) rechtlichen Gesichtspunkten. Dementsprechend kann zB noch in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht werden, eine bestimmte Annahme des Berufungsgerichts widerspreche der Lebenserfahrung oder den Denkgesetzen; die Verletzung der Denkgesetze oder von Erfahrungssätzen wird wie die Verletzung materiellen Rechts behandelt (Ahrens/Bornkamm Der Wettbewerbsprozess, 9. Aufl, Kap 29 Rz 37). Sachrügen können jederzeit bis zum Schluss der mündlichen Revisionsverhandlung nachgeschoben werden (Musielak/Voit/Ball § 551 Rz 10; St/J/Jacobs § 551 Rz 24).

 

Rn 10

Nicht mit Sachrügen kann die Revision gegen ein kassatorisches Urt gem § 538 II 1 Nr 1 begründet werden. Bei einer Zurückverweisung an das Gericht des ersten Rechtszugs nach § 538 II 1 Nr 1 kann mit der Revision geltend gemacht werden, dass in 1. Instanz kein wesentlicher Verfahrensmangel vorgelegen hat, keine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme erforderlich war, das Berufungsgericht die Voraussetzungen bzw die Grenzen seines Ermessens verkannt oder sein Ermessen nicht ausgeübt hat. Mit der Rüge, dass keine Beweisaufnahme erforderlich war und durch Sachurteil hätte entschieden werden können, können auch sachlich-rechtliche Ausführungen des Berufungsgerichts zur Überprüfung gestellt werden. Die Tatsachen, aus denen sich dieser Verfahrensmangel ergeben soll, müssen jedoch gem § 551 III 1 Nr 2 lit b in der Revisionsbegründung iE bezeichnet werden. Allein die Beanstandung vom Berufungsgericht angestellter materiell-rechtlicher Überlegungen ohne Darlegung, dass durch Sachurteil hätte entschieden werden müssen, ist keine ordnungsgemäße Verfahrensrüge (BGH NJW-RR 08, 585 [BGH 07.01.2008 - II ZR 234/06] mwN; vgl auch § 538 Rn 12–15).

 

Rn 11

Hat das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen, dürfen die Angriffe der Revision sich ebenfalls nicht auf Sachrügen beschränken, da eine ausschließlich mit Sachrügen begründete Revision die Richtigkeit des (verwerfenden) Berufungsurteils nicht in Frage stellt (Musielak/Voit/Ball § 551 Rz 14).

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